„Wo habe ich den Schlüssel schon wieder hingelegt?“ Manchmal können wir uns selbst an wichtige Dinge nicht mehr erinnern. Das allein ist noch kein Grund zur Beunruhigung. Wenn die nachlassende Leistung des Gedächtnisses jedoch dazu führt, dass wir unseren Alltag nicht mehr richtig bewältigen können, sind das vielleicht erste Anzeichen einer Demenz. Es gibt viele Formen und Ursachen mit unterschiedlichsten Symptomen – und diese sind keineswegs nur vom Alter abhängig.
Was ist Demenz genau?
Der Begriff Demenz kommt vom lateinischen Wort „dementia“ und lässt sich in etwa mit „nachlassender Verstand“ übersetzen. Die meisten Menschen setzen fälschlicherweise die Alzheimer-Krankheit mit Demenz gleich. Das ist aber nicht ganz richtig, denn Demenz beschreibt eigentlich keine bestimmte Krankheit, sondern eine Reihe von Symptomen.
Die Anzeichen können – wie auch die Ursachen – sehr unterschiedlich sein: Man nimmt Dinge nicht mehr so wahr wie früher. Hat Schwierigkeiten, am Leben in der Gemeinschaft noch voll teilzunehmen. Verliert immer wieder mal die Orientierung. Und kann möglicherweise manche Tätigkeiten nicht mehr richtig ausführen. Das Kurzzeitgedächtnis lässt einen im Stich. Manchmal führt die Demenz sogar dazu, dass sich die Persönlichkeit des Betroffenen verändert, dass dieser unter Angstzuständen und Panikattacken leidet oder erhöhte Aggressivität an den Tag legt.
Ursachen: Demenz ist nicht gleich Demenz
Es gibt zwei Demenzausprägungen. Die primäre Demenz beschreibt Erkrankungen, die durch Schädigung der Gehirnrinde (Kortex) ausgelöst werden. Dazu zählt unter anderem die Alzheimer-Demenz. Sie gehört mit einem Anteil von etwa 60 Prozent zu den häufigsten Ursachen für Demenz. Es gibt jedoch noch eine ganze Reihe weiterer Erkrankungen, die ebenfalls ein Nachlassen der Leistungsfähigkeit des Gehirns zur Folge haben.
Die vaskuläre Demenz ist die zweithäufigste Demenz-Art. Sie entsteht durch Wandverdickungen in kleinen Blutgefäßen, die eigentlich die tiefen Strukturen des Gehirns versorgen sollen. Durch Durchblutungsstörungen des Gehirns sterben wichtige Nervenzellen ab, was schließlich zu Gedächtnisverlust führen kann. Diese Form der Demenz tritt oft nach einem Schlaganfall auf.
Auch die Parkinson-Krankheit, die Immunschwächekrankheit HIV, Stoffwechselerkrankungen oder Alkoholmissbrauch können eine Demenz zur Folge haben – ebenso Tumore oder unfallbedingte Flüssigkeitsansammlungen im Gehirn. Man zählt sie zu den seltener auftretenden sekundären Demenzen, bei denen der geistige Verfall durch eine andere Erkrankung ausgelöst wird. Auch Demenzen, die beispielsweise durch Depressionen, Medikamente oder schlicht Vitaminmangel hervorgerufen werden, ordnet man hierunter.
Symptome: Wie entwickelt sich Demenz und was sind die ersten Anzeichen?
Viele Demenz-Arten beginnen langsam und führen über Jahre hinweg zu einer kontinuierlichen oder stufenweisen Verschlechterung der Gehirnleistung. Im Laufe der Erkrankung verändern sich Nervenzellen und deren Verbindungen im Gehirn – oder werden sogar komplett zerstört. Diese Entwicklung kann bereits im jungen Erwachsenenalter beginnen. Erkennbar wird die Demenz jedoch erst, wenn bereits große Teile des Gehirns betroffen sind.
Mehr als ein bisschen zerstreut – die ersten Anzeichen
Außenstehende oder Angehörige bemerken bei Betroffenen Veränderungen in der Denkfähigkeit – zum Beispiel an der wachsenden Vergesslichkeit. Oder der Erkrankte hat Schwierigkeiten, sich außerhalb seiner gewohnten Umgebung zurechtzufinden. Vielleicht wirkt er auch in Gesprächen nicht mehr so aufmerksam und konzentriert wie sonst. Womöglich kämpft er immer mehr damit, die richtigen Worte zu finden. Während er früher vollendete Tischmanieren hatte, fällt es ihm auf einmal sichtlich schwer, Messer und Gabel richtig einzusetzen.

Ältere Menschen sind häufiger betroffen
Mit höherem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, an einer Demenz zu erkranken. Man spricht daher im Volksmund oft von „Altersdemenz“. Während in Deutschland etwa 15 Prozent der 80- bis 84-Jährigen an Demenz leiden, sind es bei den über 90-Jährigen um die 40 Prozent. Dass mehr Frauen von Demenz betroffen sind als Männer, hat vor allem etwas mit ihrer höheren Lebenserwartung zu tun.
Risikofaktoren für eine Demenz-Erkrankung
Zusätzlich zum Alter gibt es einige Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer Demenz-Erkrankung erhöhen können:
- Genetische Disposition: Die Wahrscheinlichkeit einer Demenz-Erkrankung steigt, wenn bereits Verwandte ersten Grades von der Krankheit betroffen waren.
- Herz und Kreislauf: Die Funktion des Gehirns ist stark abhängig von einem intakten Blutgefäßsystem. Schädigungen der Blutgefäße oder des Herzens können auch die Versorgung der Nervenzellen im Gehirn mit Nahrung und Sauerstoff beeinträchtigen. In Studien wurde nachgewiesen, dass besonders Herz- und Kreislaufschädigungen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, hoher Cholesterinspiegel und Fettleibigkeit die Entwicklung einer vaskulären Demenz begünstigen können.
- Starker Alkoholkonsum, Rauchen und ungesunde Ernährung
- Geringe geistige, körperliche und soziale Aktivität: Gesellige Menschen, die viel mit Familie und Freunden unternehmen, sportlich aktiv sind und viele geistige Interessen verfolgen, entwickeln Anzeichen von Demenz deutlich seltener oder später als Personen, die eher isoliert leben und sich wenig geistig betätigen.
- Schlaganfall: Besonders in Verbindung mit weiteren Herz-Kreislauf-Risikofaktoren kann ein Schlaganfall die Entwicklung einer vaskulären Demenz begünstigen – sogar wenn dieser schon länger zurückliegt.
- Unfälle mit Schädel- und/oder Hirnverletzungen
- Neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Down-Syndrom
Diagnose von Demenz: Ausschließen anderer Krankheiten
Bei einer körperlichen Untersuchung und durch Labortests kann der Arzt mögliche andere Erkrankungen als Ursachen ausschließen – so lassen sich etwa aus dem Blutbild Rückschlüsse auf eine Schilddrüsenerkrankung ziehen. Weitere Untersuchungen überprüfen u. a. die Leber- und Nierenwerte, das Herz-Kreislauf- und Gefäßsystem, Elektrolyte und den Vitamin-B12-Spiegel, um die richtige Diagnose stellen bzw. andere Ursachen für die zunehmende Vergesslichkeit ausschließen zu können. Eine Nervenwasser-Probe (Liquor) aus der Lendenwirbelsäule liefert bei entsprechendem Verdacht Erkenntnisse über entzündliche Krankheiten des Gehirns, aber gegebenenfalls auch Hinweise auf eine Alzheimer-Erkrankung.
Besteht der Verdacht auf eine vaskuläre Demenz, werden unter Umständen die Halsgefäße per Ultraschall untersucht. Eine Computer- oder Magnetresonanztomografie des Kopfes zeigt, ob das Gehirn verkleinert ist – was ebenfalls ein Hinweis auf eine Demenz-Erkrankung sein könnte.
Behandlung: Den Krankheitsverlauf verlangsamen
Die Behandlung einer Demenz-Erkrankung hängt von ihrer Ursache ab. Deshalb wird der Arzt mit dem Patienten zunächst ein umfassendes Anamnese-Gespräch führen, um mehr über die Krankheitsgeschichte zu erfahren.

In der Regel lässt sich eine Demenz-Erkrankung nicht heilen. Mit der passenden Therapie kann der Arzt den Krankheitsverlauf jedoch zuweilen deutlich verlangsamen und dem Patienten so zu mehr Lebensqualität verhelfen. Hierzu zählen Musik- und Verhaltenstherapien, aber auch Realitätsorientierung, kognitives Training und Ergotherapie.
Bei vaskulären Demenz-Erkrankungen wird der Arzt versuchen, durch Medikamente Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder einen zu hohen Cholesterinspiegel zu minimieren.
Durch die Gabe sogenannter Antidementiva gelingt es, die geistige Leistungsfähigkeit des Patienten medikamentös anzuregen. Diese Mittel werden vor allem in der Alzheimer-Therapie eingesetzt.
Da Demenz oft mit Depressionen einhergeht, erhalten manche Patienten auch Antidepressiva als antriebssteigernde Stimmungsaufheller.
Den Geist anregen
Durch gezieltes Training wie Denkaufgaben können Patienten ihr Erinnerungsvermögen, das logische Denken, ihre Konzentrationsfähigkeit und ihre Orientierung schulen. Zudem hilft es, die zeitliche und räumliche Orientierung zu trainieren und die Patienten dabei zu unterstützen, Aktivitäten des Alltags so lange wie möglich eigenständig auszuführen.
Demenz und die Familie
Demente Menschen erfordern von den Angehörigen viel Geduld und Verständnis. Man muss sich erst in die Welt des Patienten „hineindenken“. Ärzte und Pflegepersonal können hier wertvolle Hilfestellungen leisten. Der Umgang mit einem dementen Familienmitglied kann Angehörige vor Herausforderungen stellen, die sie psychisch und physisch allein nicht bewältigen können. Hier empfiehlt es sich, über die Zusammenarbeit mit einem ambulanten Pflegedienst, einer Tagesbetreuung oder einem Pflegeheim nachzudenken.
Heilungschancen: Keine Aussicht auf Heilung
Leiden wie die Alzheimer-Krankheit, die über einen fortschreitenden Abbau von Nervenzellen zu einer Demenz führen, nennt man neurodegenerative Erkrankungen. Medikamente können sie nicht heilen, sondern allenfalls die Symptome lindern. Es ist jedoch nicht möglich, den Krankheitsverlauf zu stoppen oder umzukehren. Früher oder später werden Betroffene in den meisten Fällen pflegebedürftig.
Wie kann ich einer Demenz vorbeugen?
Demenz kann im Grunde jeden Menschen treffen. Dennoch kann man einiges tun, um bis ins hohe Alter geistig fit zu bleiben.
Aufgrund des klaren Zusammenhangs zwischen Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegt nahe: Alles, was dem Körper gut tut, ist auch für den Kopf gut.
- Ausgewogene Ernährung mit Vollkornprodukten, Obst, Gemüse, Nüssen, Fisch und Schalentieren sowie wenig (rotem) Fleisch und gesunden Fetten wie Olivenöl.
- Verzichten Sie weitgehend auf Alkohol und Nikotin.
- Sport und Bewegung verbessert auch die Blut- und Sauerstoffzufuhr fürs Gehirn.
- Rege geistige Betätigung hält die grauen Zellen in Schwung.
- Lassen Sie sich regelmäßig ärztlich untersuchen, um Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und hohe Cholesterinwerte auszuschließen.