Das kennt wohl jeder: Zu Hause liegen überall Sachen herum, aber man hat manchmal einfach keine Lust, sofort Ordnung zu machen. Das ist soweit ganz normal und noch kein Grund zur Sorge. Nur wenn die Unordnung das eigene Leben zu erdrücken droht und man einfach nicht die Kraft findet, wieder Ordnung zu schaffen, könnte sich die Unordentlichkeit zum Messie-Syndrom entwickelt haben.
Was ist das Messie-Syndrom?
Laut Definition ist das Messie-Syndrom eine psycho-emotionale Befindlichkeitsstörung. Typisch dafür ist das zwanghafte Verhalten, immer mehr Gegenstände in der Wohnung anzusammeln, gepaart mit einer Unfähigkeit, sich von Dingen zu trennen.
Der Name leitet sich aus dem Englischen ab: „mess“ heißt übersetzt „Unordnung“ oder „Durcheinander“. Denn genau so sieht es bei Menschen mit dem Messie-Syndrom zu Hause aus: Wertlose Sachen und manchmal sogar Müll stapeln sich im Wohnraum und lassen im Extremfall kaum noch Platz, um sich frei zu bewegen. Daher kommt auch die Bezeichnung „Vermüllungssyndrom“ oder „zwanghaftes Horten“ (abgeleitet von der englischen Bezeichnung „Compulsive Hoarding“). Denn die Betroffenen schaffen es durch die krankhafte Störung nicht, ihr Zuhause in Ordnung zu halten.
Allein in Deutschland sind etwa zwei Millionen Menschen vom Messie-Syndrom betroffen, Tendenz steigend. Menschen jeden Alters und jeder sozialen Schicht können zu sogenannten Messies werden. Viele kennen diese vermüllten Wohnungen aus TV-Sendungen, wenngleich dort in der Regel nur Extremfälle gezeigt werden. Dabei könnte sogar ein Mensch aus der näheren Nachbarschaft oder dem engeren Bekanntenkreis ebenfalls zu den Messies gehören – ohne dass jemand davon ahnt.
Verschiedene Messie-Typen
Denn nach außen hin machen Messies oft einen aufgeräumten Eindruck. Sie gehen einem normalen Alltag nach, mit Arbeit und sozialem Engagement. Oft sind sogar angesehene Akademiker oder Menschen in hohen Führungspositionen in den eigenen vier Wänden die absoluten Messies. Auch Menschen mit schnelllebigen Berufen, wie Börsen- oder Computer-Spezialisten, scheinen gefährdet zu sein, im Privatleben vom Chaos überrollt zu werden. Sie können im Beruf sehr wohl strukturiert denken, nur zu Hause lässt sich diese Organisiertheit nicht umsetzen.
Grob lassen sich die Betroffenen in verschiedene Messie-Typen einteilen:
- Die häufigeren leichten Fälle sammeln alles, was ihnen zwischen die Finger kommt und stopfen damit ihre Wohnräume voll.
- Die selteneren extremen Fälle horten sogar stapelweise Müll und lassen Küche und Bad völlig verdrecken, bis sich Ungeziefer ausbreitet. Sie verlassen die Wohnung kaum noch und lassen sich auch selbst verwahrlosen.

Was sind die Ursachen des Messie-Syndroms?
Wie das Messie-Syndrom entsteht, ist noch nicht erforscht. Psychologen gehen davon aus, dass die tieferen Ursachen gewisse Ängste oder Erlebnisse aus der Kindheit sind, beispielsweise
- Angst verlassen zu werden
- Angst zu versagen
- Trennungsangst
- Bindungsangst
- Trauma
- Missbrauch
- Vernachlässigung
- strenge Eltern
- das Gefühl, ungeliebt zu sein
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Ausgelöst wird die krankhafte Unordnung meist durch einen Schicksalsschlag oder ein anderweitig einschneidendes Erlebnis, wie
- der Verlust der Arbeit
- der Verlust eines Familienmitglieds
- der Verlust des Partners
Außerdem tritt das Messie-Syndrom selten alleine auf. Meist leiden die Betroffenen zusätzlich unter
- Depressionen
- Essstörungen
- Alkoholsucht
- Kaufsucht
- Arbeitssucht
Dieses innere Chaos spiegelt sich durch das äußere Chaos wider. Denn durch die innere Unordnung ist es den Betroffenen unmöglich, eine Struktur in den privaten Lebensraum zu bringen.
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Was sind die Symptome des Messie-Syndroms?
Eine Messie-Wohnung ist vollgestopft mit meist wertlosen Gegenständen, die sich in allen Ecken und auf allen Flächen stapeln und dem Bewohner allmählich den Lebensraum nehmen. Wie es hinter der Wohnungstür aussieht, weiß jedoch nur der Messie selbst. Denn typische Symptome für die Sammelsucht sind:
- Messies lassen niemanden in ihre Wohnung. Sie lassen sich Ausreden einfallen, warum niemand den Raum betreten darf. Wenn sie soziale Kontakte pflegen, dann immer außer Haus, aus Scham, jemand könnte das Chaos entdecken.
- Sie horten Gegenstände, die andere Menschen einfach wegwerfen würden, zum Beispiel Zeitungen und Zeitschriften, Werbe-Flyer, Verpackungen.
- Sie können sich von nichts trennen. Nicht einmal von einem leeren Joghurtbecher, einer alten Zahnbürste oder einem kaputten Elektrogerät.
- Sie sind oft unorganisiert. Sie kommen ständig zu spät zu Terminen und vergessen ihre Schlüssel oder wichtige Unterlagen.
- Sie können oft nicht mit der Arbeit aufhören. Sie wollen am liebsten immer weiter machen und finden keinen Anfang und kein Ende.
- Sie machen oft mehrere Dinge gleichzeitig. Sie können sich nicht auf eine Aufgabe fokussieren und sind in ihrer Denkweise festgefahren.
- Sie können generell schlecht Entscheidungen treffen. Schon allein die Entscheidung, einen unnützen Gegenstand wegzuwerfen, bringt sie in eine schwierige Lage.
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Wie ticken Messies?
Das krankhafte Sammeln von nutzlosen Gegenständen scheint Messies Sicherheit zu geben. Deshalb können sie sich oft nicht einmal von Müll trennen und klammern sich daran fest. Nach außen hin wahren sie den Schein und treten sogar besonders gepflegt und organisiert auf, um von ihrer Messie-Wohnung abzulenken. Durch dieses widersprüchliche Verhalten ist es für Außenstehende oft schwer, das Problem zu erkennen und Hilfe anzubieten.
Dabei leiden Messies unter ihrer Unordnung und unter ihrer Unfähigkeit, Ordnung zu schaffen. Das unterscheidet sie von Menschen, die einfach nur unordentlich sind und manchmal keine Lust zum Aufräumen haben. Wächst letzteren die Unordnung über den Kopf, können sie sich aus eigener Kraft aufraffen und das Chaos beseitigen.
Wie erkennt der Arzt das Messie-Syndrom?
Da sich das Chaos in der Regel in den eigenen vier Wänden abspielt, sind es meist die Messies selbst, die ärztliche Hilfe suchen. Ein Therapeut ist dafür die richtige Anlaufstelle, denn oft ist eine psychische Störung oder ein Trauma der Auslöser des Messie-Syndroms. In einem Gespräch wird der Therapeut deshalb genau hinterfragen, wie sich die Sammelsucht äußert, wie ausgeprägt sie ist und ob es ein einschneidendes Erlebnis gab, das das Messie-Syndrom ausgelöst hat.
Wer bei sich selbst das Messie-Syndrom vermutet, kann sich anonym über Telefon-Hotlines Hilfe suchen. Hier bekommen Messies Tipps, wie sie ihr Leben umstrukturieren oder welchen Therapeuten sie aufsuchen können.
Was Angehörige tun können
Jedoch sollten auch Angehörige an ein Messie-Syndrom denken, wenn sie ein Familienmitglied plötzlich nicht mehr zu Hause besuchen dürfen. Wenn sie selbst bei einem kurzen Besuch nicht in die Wohnung gebeten werden, kann es durchaus sein, dass die Wohnung bereits stark vermüllt ist. Ein verständnisvolles Gespräch mit dem Angehörigen kann ihn vielleicht dazu bewegen, die Sammelsucht zu erkennen und einen Therapeuten aufzusuchen.
Im Internet gibt es vereinzelte Tests, die Betroffenen eine erste Einschätzung geben, ob sie unter dem Messie-Syndrom leiden. Bestätigt sich der Verdacht, sollte möglichst schnell Hilfe in einer Selbsthilfegruppe oder bei einem Psychotherapeuten gesucht werden.
Wie wird das Messie-Syndrom behandelt?
Durch eine Psychotherapie kann das Messie-Syndrom gut behandelt werden. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist jedoch: Der Messie muss sich selbst bewusst sein, dass er ein krankhaftes Problem hat, und er muss selbst bereit sein, sich helfen zu lassen. Je nach Ursache für den Sammelzwang wird der Therapeut den Ängsten auf den Grund gehen und den Betroffenen individuell Schritt für Schritt in ein regegeltes Leben begleiten.
Vielen Menschen mit dem Messie-Syndrom hilft der Austausch in einer Selbsthilfegruppe, in der Gleichgesinnte über ihre Erfahrungen berichten und sich gegenseitig unterstützen. Um die vermüllte Wohnung zu entrümpeln und für einen geordneten Neuanfang vorzubereiten, gibt es eine Reihe von Entrümpelungsunternehmen, die sich auf Messie-Wohnungen spezialisiert haben. Denn erst wenn das innere und das äußere Chaos aufgeräumt werden, können Messies in ein neues Leben starten.
Messie-Syndrom kein anerkanntes Krankheitsbild
Von den Krankenkassen wird das Messie-Syndrom bisher nicht als Krankheitsbild anerkannt. Da die Sammelsucht jedoch meist im Zusammenhang mit einer anderen psychischen Störung auftritt, können die Betroffenen eine Psychotherapie machen, um den Ursachen auf den Grund zu gehen.
Wie kann ich dem Messie-Syndrom vorbeugen?
Man könnte nun sagen, Ordnung sei die beste Vorbeugung gegen das Messie-Syndrom. Doch bevor ein Messie die Kontrolle über sein Leben verliert, konnte er in der Regel sehr wohl selbst aufräumen und den Haushalt führen.

Vermutlich kann das Messie-Syndrom bei jedem nach einem Schicksalsschlag auftreten, wenn einem das Privatleben über den Kopf wächst. Um einer starken Vermüllung der Wohnung vorzubeugen, hilft es jedoch, rechtzeitig die Symptome der Sammelsucht zu erkennen und frühzeitig gegenzusteuern.
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Wie sind die Heilungschancen beim Messie-Syndrom?
Es gibt einen Weg raus aus dem Chaos und hinein in ein geordnetes Leben. Das Messie-Syndrom lässt sich sehr gut durch eine Therapie überwinden. Die Heilungschancen sind in der Regel recht gut, wenn der Betroffene aktiv an sich und seiner Sammelsucht arbeitet und die Krankheit aus eigenen Stücken bekämpfen will.
Da viele Messies damit überfordert sind, ihre vermüllte Wohnung in Ordnung zu bringen, ist es ratsam, die Wohnung von Fachkräften entrümpeln und reinigen zu lassen. Denn eine saubere, aufgeräumte Wohnung ist nach der Psychotherapie ein wichtiger Schritt für die Betroffenen, ihr Leben wieder selbst in den Griff zu bekommen.