Humbug oder wirksames Diagnose- und Therapieverfahren? Wie bei vielen anderen alternativen Heilmethoden scheiden sich auch bei der Kinesiologie die Geister.
Der Name „Kinesiologie“ ist aus den griechischen Begriffen „kinesis“ (dt.: Bewegung) und logos (dt.: Wort/Lehre) zusammengesetzt. Das alternativmedizinische Verfahren soll helfen, diverse psychische und körperliche Beschwerden zu lindern. Aber Vorsicht: Seine Wirksamkeit ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Viele Mediziner warnen vor Fehldiagnosen und weiteren Risiken der Kinesiologie.
Aber bilden Sie sich Ihre eigene Meinung. Wir erläutern Ihnen mit einigen Beispielen, was es mit der Kinesiologie auf sich hat.
Die Grundlagen der Kinesiologie
Der Amerikaner George Goodheart begründete die Kinesiologie bereits in den Sechzigerjahren. Die Heilungsmethode soll dem Stressabbau, dem Lösen von Blockaden, der Steigerung der Leistungsfähigkeit und generell der Verbesserung der Lebensqualität dienen. Sie baut auf der chinesischen Energielehre auf und bezieht die aktuellen Kenntnisse der Medizin mit ein.
Die Kinesiologie sieht den Menschen als Einheit von Geist, Seele und Körper. Sie geht davon aus, dass das Ungleichgewicht der Energien im Körper zu Beschwerden führt. Das heißt: Nicht nur das Körpersystem, sondern auch das Unterbewusstsein spielt in der Kinesiologie eine große Rolle bei Erkrankungen und deren Heilung. Sie versteht sich also als diagnostisch-therapeutisches System, mit dem sich Krankheiten erkennen lassen, wenn die herkömmliche medizinische Diagnostik versagt.
Anwendungsbereiche der Kinesiologie
Die Kinesiologie wird vor allem im Bereich der Alternativmedizin und der Körpertherapie ausgeführt. Therapeuten wenden sie bei folgenden Beschwerden und Erkrankungen an:
- Stress, auch bei Burn-out
- Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Funktionelle Störungen der inneren Organe
- Psychosomatische Beschwerden
- Erkrankungen des Bewegungsapparats
- Mangelerscheinungen
- Blockaden
Bei Kindern wendet man die Methode oft bei Schulproblemen an. In vielen Fällen ist die Kinesiologie eine begleitende Behandlung, die neben verschiedensten Therapieformen durchgeführt wird.
Kinesiologie in der Praxis: Der Muskeltest
Der Muskeltest ist das wichtigste Werkzeug der Kinesiologie. Sie versteht sich nämlich als ein Rückmeldesystem, bei dem die Muskeln auf bestimmte Fragen, Reize etc. eine Reaktion zeigen. Der Patient muss dazu einen Oberarm in einem rechten Winkel auf Schulterhöhe heben.
1. Mit dem Muskeltest eine Diagnose entwickeln
Der Therapeut analysiert die allgemeine Muskelspannung, indem er eine Hand auf den gehobenen Arm und die andere Hand auf die unbelastete Schulter legt. Dann übt er leichten Druck aus, um den Muskelwiderstand im Arm festzustellen. Im Anschluss stellt er dem Patienten Fragen nach seinem Befinden und den möglichen Gründen seiner Erkrankung. Der Arm bleibt dabei in der selben Position. So kann der Kinesiologe spüren, welche Muskelreaktionen die Fragen auslösen.
Beispiel:
Ein Patient beschwert sich über Hautausschläge, die immer wieder nach dem Verzehr eines bestimmten Lebensmittels auftauchen. Der Therapeut legt ihm abwechselnd verschiedene Nahrungsmittel in die geöffnete Hand und führt den Muskeltest durch. Wenn der Patient den Arm nicht gegen den Druck des Therapeuten aufrechterhalten kann, lässt sich darauf schließen, dass er eine Allergie gegen das Lebensmittel hat, das er gerade in der Hand hält.
2. Mit dem Muskeltest ein Ungleichgewicht der Energien feststellen und behandeln
Mit dem Muskeltest prüft und behandelt der Heilpraktiker/Kinesiologe außerdem die Energieebene des Patienten auf eventuelle Veränderungen – seien es Störungen oder Ungleichgewichte von Energien. Manchmal hilft schon der Test selbst, blockierte Energien zum Fließen zu bringen. Oder der Therapeut erkennt, welche Therapie helfen kann. Das können zum Beispiel Massagen, Entspannungstechniken oder Ähnliches sein.
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3. Mit dem Muskeltest geeignete Heilmittel feststellen
Der Muskeltest soll außerdem helfen, zu erkennen, welche Heilmittel, Medikamente bzw. Wirkstoffe sich für einen Patienten eignen und in welcher Dosierung. Das Prozedere verläuft analog zum Allergietest im obigen Beispiel: Der Patient bekommt nacheinander Mittel, Heiledelsteine, etc. in die Hand gelegt. Verbleibt der Arm in der Position im rechten Winkel, ist das Mittel angeblich zur Behandlung geeignet.
Fazit: Kinesiologie mit großer Vorsicht genießen
Wenn Sie die Sorge haben, ernsthaft erkrankt zu sein, suchen Sie in jedem Fall einen Arzt auf. Zu groß ist das Risiko, dass Sie durch das Verfahren der Kinesiologie eine Fehldiagnose oder die falschen Medikamente erhalten, dass Sie eine notwendige Behandlung versäumen. Begleitend zu anderen Therapien kann Kinesiologie eine sinnvolle Ergänzung sein.