Kompakt: Dyskalkulie

Dyskalkulie

Inhaltsverzeichnis

Wer mag schon gerne Mathe? Was bei den einen als Lernschwäche vorkommt, liegt bei anderen tatsächlich an einer Störung im Gehirn. Dyskalkulie nennt sich diese Rechenstörung und hat bei weitem nichts mit einer geistigen Behinderung zu tun. Denn Betroffene sind meist ganz normal intelligent – sie können nur einfach nicht rechnen.

Was ist Dyskalkulie?

Unter Dyskalkulie versteht man eine Rechenstörung, die manche Kinder schon von klein auf entwickeln. Sie ist nicht einfach nur eine Lernschwäche, sondern tatsächlich eine Störung gewisser Hirnregionen. Schon im Kindergartenalter können Betroffene mit Mengen und Zahlen nicht umgehen und verstehen die grundlegenden Zusammenhänge nicht. Diese Lernstörung hindert sie auch in der Grundschule, die einfachsten Rechenaufgaben zu lösen.

Während Legasthenie und Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) inzwischen vielen Menschen bekannt sind, ist die Dyskalkulie nur wenigen ein Begriff. Dabei ist sie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als schulische Entwicklungsstörung anerkannt. Die Rechenstörung hat nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun, ganz im Gegenteil können Menschen mit Dyskalkulie sogar eine gewisse Hochbegabung haben – nur eben nicht im Bereich der Mathematik.

Definition der Dyskalkulie

Laut dem Diagnose­klassifikationssystem ICD-10 ist die Definition der Dyskalkulie „eine Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist“. Die Grundrechenarten Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division können von Betroffenen nur schwer erlernt werden, da ihnen einfach das Verständnis dafür fehlt. In Deutschland sind etwa 3 bis 7 Prozent der Kinder und Erwachsenen von der Lernstörung betroffen.

Was sind die Ursachen von Dyskalkulie?

Was die Ursache einer Dyskalkulie ist, konnte bis heute nicht eindeutig festgestellt werden. Es gibt jedoch einige Vermutungen, mit welchen Faktoren die Rechenstörung zusammenhängen könnte:

  • genetische Ursachen: Möglich ist eine genetische Veranlagung, die das Zahlenverständnis im Gehirn beeinträchtigt.
  • Entwicklung des Gehirns: Bei Menschen mit Dyskalkulie scheinen sich gewisse Gehirnregionen untypisch entwickelt zu haben. Das behindert die Verarbeitung von Informationen, in dem Fall die Grundrechenarten.

Als Ursache ausgeschlossen werden hingegen eine geringe schulische Förderung sowie soziale Faktoren und Lebensumstände. Sie können zwar dazu führen, dass Kinder nicht so gut lernen, lösen jedoch keine Rechenstörung aus.

Was sind die Symptome von Dyskalkulie?

Kinder und Erwachsene mit Dyskalkulie haben von Grund auf kein Verständnis für mathematische Aufgaben. Das kann sich im Laufe der Entwicklung durch verschiedene Merkmale zeigen:

Symptome im Vorschulalter

Schon bei Kleinkindern lassen sich erste Anzeichen einer Dyskalkulie erkennen:

  • Mengenangaben wie mehr, weniger, größer oder kleiner können nicht zugeordnet werden.
  • Das Abzählen von Gegenständen bereitet Schwierigkeiten.
  • Mengen und Zahlen können nicht zugeordnet werden.
  • Mengen- und Maßeinheiten wie Länge, Gewicht oder Zeit werden nicht verstanden.

Symptome im Grundschulalter

Mit dem Erlernen der Grundrechenarten und der Mengenlehre in der Grundschule wird die Rechenstörung erst richtig deutlich:

  • Die Kinder können Zahlen nicht richtig schreiben oder benennen.
  • Sie haben Probleme beim Ablesen der Uhrzeit.
  • Sie verstehen die Logik hinter den Rechenschritten nicht.
  • Im Dezimalsystem werden Zahlen nicht richtig erkannt und benannt, es kommt zu Zahlendrehern.
  • Das Einmaleins wird auswendig gelernt, statt es logisch anzuwenden.
  • Plus, Minus, Mal und Geteilt werden in Rechenaufgaben verwechselt.
  • Textaufgaben können nicht in die Rechnung mit Zahlen übertragen werden.
  • Das Lösen von Rechenaufgaben dauert ungewöhnlich lange.
Dyskalkulie 1

Mögliche Folgen einer Dyskalkulie

Da die Betroffenen oft einem großen Druck ausgesetzt sind und bereits bei einfachsten Herausforderungen wie dem Ablesen der Uhr oder dem Zählen von Geld an ihre Grenzen stoßen, entwickeln sich daraus häufig weitere psychische Störungen:

  • Die Betroffenen entwickeln eine richtiggehende Angst vor Mathe.
  • Sie haben Angst zu versagen.
  • Ihr Selbstwertgefühl nimmt ab.
  • Sie ziehen sich aus dem sozialen Umfeld zurück.
  • Auch in anderen Lernbereichen kann die Leistungsfähigkeit nachlassen.
  • Der psychische Druck kann sich durch körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen äußern.

Nicht selten wird eine Dyskalkulie von anderen Erkrankungen begleitet, beispielsweise von

  • ADHS: Die Kinder sind beispielsweise hyperaktiv und unkonzentriert.
  • Angststörungen, Phobien: Die Kinder entwickeln verschiedene Ängste und vermeiden Kritik und Konfrontationen.
  • Depression: Die Kinder ziehen sich zurück, haben keinen Appetit, können schlecht schlafen oder sind antriebslos.
  • Störungen des sozialen Verhaltens: Kinder mit einer Rechenstörung sind oft hilflos und verhalten sich anderen gegenüber deshalb besonders aggressiv und destruktiv.

Durch individuelle Förderung kann eine Dyskalkulie ausgeglichen werden. (c) Colourbox.de

Wie erkennt der Arzt Dyskalkulie?

Wer die oben genannten Symptome bei sich oder seinem Kind beobachtet, sollte sich einem Arzt oder Therapeuten anvertrauen. Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche können nach einer Untersuchung die Diagnose Dyskalkulie feststellen. Für die Beurteilung werden einige Tests gemacht, beispielsweise ein Rechentest oder ein Intelligenztest. Außerdem ist eine Auswertung der schulischen Leistung des Kindes für die Einschätzung notwendig.

Ebenfalls aussagekräftig sind der Entwicklungsstand und das Verhalten des Kindes. Folgende Faktoren fließen in die Diagnose mit ein:

  • Sozialverhalten
  • geistiger Entwicklungsstand
  • motorische Fähigkeiten
  • Seh- und Hörvermögen
  • Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten
  • Konzentrationsfähigkeit
  • Aufmerksamkeit
  • psychische Belastbarkeit

Anhand der Ergebnisse kann der Therapeut seine Diagnostik abschließen und einen individuellen Therapieplan entwerfen.

Wie wird Dyskalkulie behandelt?

Wer unter Dyskalkulie leidet, braucht besondere Hilfe und Aufmerksamkeit beim Erlernen von mathematischen Rechenmethoden und im Umgang mit Zahlen. Je früher die Rechenschwäche erkannt wird, umso besser kann bereits im frühen Kindesalter gegengesteuert werden.

Das Ziel der Therapie ist eine Lernförderung, die die individuellen Schwächen behandelt. Da jeder Mensch mit Dyskalkulie unterschiedliche Bereiche mehr oder weniger gut versteht, ist es besonders wichtig, die Förderungsmaßnahmen auf den Einzelnen anzupassen. Dazu gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten:

  • gezieltes Lerntraining: Übungen und Lernumfang werden genau auf die Rechenstörung des Einzelnen angepasst. Durch Lernspiele oder eine Lernsoftware können die Kinder auch außerhalb der Schule trainieren.
  • Psychotherapie: Da viele Betroffene über die Jahre eine regelrechte Angst vor Mathe und Zahlen entwickelt haben, ist ein wichtiger Therapieansatz, diese Angst zu beseitigen. Denn nur ohne Panik und Schweißausbrüche sind die Betroffenen offen für die Lernmethoden, um ihr mathematisches Verständnis zu schulen.
  • Ergotherapie: Erfolge konnte auch die Ergotherapie bei Dyskalkulie verbuchen. Dabei wird vor allem das Selbstbewusstsein der Kinder gestärkt und eine andere Wahrnehmung von Zahlen gefördert.

Eltern und Lehrer müssen zusammenarbeiten

Wichtig für den Erfolg der Behandlung ist, dass sowohl Eltern als auch Lehrer auf die individuellen Bedürfnisse des betroffenen Kindes eingehen. Je nach Art und Ausprägung der Störung und Alter des Kindes kann bei Dyskalkulie verschiedenes Fördermaterial eingesetzt werden. Doch zusätzlich zur Lernförderung sollte das familiäre Umfeld viel Verständnis, Unterstützung und Fürsorge aufbringen. Leistungsdruck und zu hohe Erwartungen können bei Kindern mit Dyskalkulie genau das Gegenteil bewirken, nämlich dass sie sich zunehmend zurückziehen und Ängste aufbauen.

Die gezielte Lerntherapie übernimmt ein dafür ausgebildeter Therapeuten, zu Hause sollten die Kinder nicht noch zusätzlichem Lernstress ausgesetzt sein. Um den Umgang mit dem Kind zu lernen, können sich auch die Eltern von Therapeuten beraten und betreuen lassen. Nur wenn das Umfeld stimmt, machen die Kinder auch Fortschritte.

In der Regel muss die Therapie selbst bezahlt werden. Nur unter gewissen Umständen kann auch die Krankenkasse einen gewissen Teil der Dyskalkulie-Behandlung übernehmen.

Wie kann ich vorbeugen?

Der Krankheit lässt sich leider nicht vorbeugen. Allerdings kann der Erkrankte gefördert werden, wenn die Lernstörung frühzeitig erkannt wird. Durch spezielle Übungen und Therapien können Betroffene in der Schule und im Alltag gut mit der Rechenstörung umgehen und ein ganz normales Leben führen.

Um psychische Probleme und Begleiterkrankungen zu verhindern, sollten Eltern ihre Kinder aufmerksam beobachten. Selbst wenn sich die Erkrankung nicht vermeiden lässt, kann doch einem gewissen Leidensweg der betroffenen Kinder vorgebeugt werden. Zuwendung und Unterstützung sind die beste Hilfe, um den Umgang mit der Rechenstörung zu erleichtern.

Wie sind die Heilungschancen bei Dyskalkulie?

Eine Dyskalkulie ist nicht direkt heilbar, da oft eine genetische Veranlagung dafür verantwortlich ist. Durch gezieltes Lerntraining und eine individuelle Förderung können Betroffene jedoch lernen, mit Zahlen und Rechenaufgaben besser umzugehen. Viele davon schaffen sogar das Abitur und können ganz normal einer Ausbildung nachgehen. Je früher die Rechenstörung erkannt wird, umso besser stehen die Chancen, sie dauerhaft in den Griff zu kriegen.

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