Die Low-Carb-Ernährung liegt im Trend. Aber wie funktioniert sie? Was gibt es zu beachten? Wir haben Low-Carb-Expertin Jasmin Mengele* dazu befragt.
*Jasmin Mengele betreibt das erste Low-Carb-Restaurant Deutschlands, die Soulfood LowCarberia in Nürnberg.
rtv: Warum haben Sie Ihre Ernährung auf Low-Carb umgestellt?
Jasmin Mengele: „Ich war und bin noch immer eine kleine Naschkatze, und ich liebe einfach gutes Essen. Als Teenager blieb das nicht ohne Folgen, und mein Gewicht fuhr auf der Waage Achterbahn. Ich habe so gut wie alle Diäten ausprobiert, und der Jo-Jo-Effekt wurde ein guter Freund von mir.
Ich wollte einen dauerhaften Weg finden, meinem Körper etwas Gutes zu tun und dennoch nicht auf Süßes und Herzhaftes verzichten. Bei mir hat sich schnell der Erfolg gezeigt, die Pfunde purzelten, und ich fühlte mich voller Energie.“
Können Sie kurz erklären, was Low-Carb-Ernährung ist?
„In einem Satz: ‚Die Zufuhr an Kohlenhydraten wird reduziert, die Fettzufuhr gleichzeitig erhöht und mit einer normalen Menge hochwertigem Eiweiß kombiniert.‘ Der Körper fängt also an, Fettreserven statt Kohlenhydrate als Energielieferant zu nutzen, und so purzeln die Pfunde.“
Gibt es unterschiedliche Formen von Low-Carb-Ernährung? Welche praktizieren Sie?
„Es gibt viele Low-Carb-Ernährungsformen. Manche sind strenger mit einer geringeren Kohlenhydratzufuhr und manche lockerer. Die strengste Form von Low-Carb ist meiner Meinung nach die ketogene Form, die ich derzeit auch praktiziere. Hier befindet sich der Körper dauerhaft in Ketose. Der Organismus stellt den Fettstoffwechsel um und bezieht seine Energie hauptsächlich aus Fetten.“
Kritiker der Low-Carb-Ernährung warnen vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine zu hohe Aufnahme von Fett und Eiweiß ist bedenklich, heißt es. Was sagen Sie dazu?
„Die Aufnahme von Eiweiß ist nicht wesentlich höher als bei normaler Kost. Fleisch und Milch isst man weiterhin in normaler Menge. Der etwas höhere Fettanteil, den man aufnimmt, wird vom Körper sofort wieder verstoffwechselt. Bei Low-Carb werden gesättigte und ungesättigte Fettsäuren aufgenommen. Letztere erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Allgemeinen nicht. Im Gegenteil, Low-Carb verbessert die Herzfunktion, weil das Herz generell Ketone gegenüber Glukose zur Energiegewinnung bevorzugt.
Bei einer Ernährungsform, bei der Kohlenhydrate und Fett aufgenommen werden, wird der Körper immer erst die Kohlenhydrate verwerten und das überschüssig aufgenommene Fett als Depotfett einlagern. Da bei Low-Carb Kohlenhydrate wegfallen, kann der Körper das Fett komplett verstoffwechseln.“
Welche Lebensmittel sind tabu?
„Alle Getreideprodukte wie Nudeln, Reis oder Brot, Kohlenhydrate aus Zucker und Fruchtsäften, fertige Smoothies mit hohem Fruchtanteil. Auch Fertigprodukte sind tabu. Eine Tomatensuppe, die eigentlich total Low-Carb-freundlich ist, enthält als Fertigsuppe häufig viele verstecke Kohlenhydrate und Zucker. Daher alles frisch zubereiten und einfrieren.“
Welche Lebensmittel sind erlaubt?
„Stärkearmes Gemüse, Fette und Öle, Fisch, fette Milchprodukte, Eier und Fleisch kann man immer essen. Gelegentlich sind auch Beeren, Backwaren aus Nussmehlen, die mit Zuckeraustauschstoffen gesüßt sind, völlig okay. Ungesüßte Getränke, Tee und Kaffee sind ebenfalls perfekt für eine Low-Carb-Ernährung. Auf meinem Blog (www.lowcarberia-blog.de) habe ich schon viele Beiträge dazu geschrieben.“
> Rezepte für leckere Low-Carb-Plätzchen
Welche Lebensmittel sind nur in Maßen erlaubt?
„Südfrüchte wie Ananas, Mango oder Banane sollten seltener gegessen werden, da sie viel Fruchtzucker enthalten. Stärkehaltiges Gemüse wie zum Beispiel Kartoffeln sollte auch eher selten auf dem Speiseplan stehen.“
Darf man auch Süßes wie Schokolade oder Kuchen essen?
„Bei Backwaren, die aus kohlenhydratarmen Mehlen wie zum Beispiel Kokos- oder Walnussmehl gemacht werden, darf man ohne Reue zugreifen. Der Zucker wird hier durch Zuckeraustauschstoffe wie Xylit oder Erythrit ersetzt. In meinem Restaurant gibt es eine große Auswahl an süßen Schlemmereien, denn ich als Naschkatze kann nicht auf Cupcakes und Co. verzichten.“
Kommt es bei einer Low-Carb-Ernährung auch zu Heißhunger auf Kohlenhydrate und wenn ja, was lässt sich dagegen tun?
„Nein, denn bei dieser Ernährungsform sinkt der Blutzuckerspiegel gar nicht so in den Keller, dass eine Heißhungerattacke aufkommen kann. Die Low-Carb-Ernährung bedeutet in erster Linie: kein Verzicht auf irgendwas. Man darf hier süß und herzhaft essen und für fast alle Produkte, die man nicht essen darf, gibt es klasse Ersatzprodukte.“
Wem empfehlen Sie, sich nach Low-Carb-Prinzipien zu ernähren?
„Die Low-Carb-Ernährung ist für alle geeignet, die abnehmen und sich fitter und ausgeglichener fühlen möchten, denn sie schafft einen konstanten Insulinspiegel und starke Schwankungen im Blutzuckerspiegel bleiben aus. Menschen, die allergiebedingt kein Gluten oder keinen Zucker zu sich nehmen dürfen, müssen sich zwangsläufig nach Low-Carb-Grundsätzen ernähren und können gleich zu Low-Carb-Produkten greifen. Dann müssen sie nicht stundenlang die Nährwerte auf der Packung studieren.“
Können auch Vegetarier und Veganer nach dem Low-Carb-Prinzip leben?
„Vegetarier können sich Low-Carb ernähren, da sie nicht auf Milchprodukte, Eier, Butter etc. verzichten. Leckere Zucchininudeln mit Gorgonzolasauce lassen auch das vegetarische Herz lachen.
Für Veganer ist diese Ernährungsform meiner Meinung nach nur sehr bedingt möglich, da der komplette Verzicht auf tierische Produkte nur schwer mit einer Low-Carb-Ernährung zu vereinbaren ist.“
Welche Vorteile bietet eine langfristige Ernährungsumstellung auf Low-Carb?
„Eine dauerhafte Umstellung führt zu einem besseren Hautbild, besserem Schlaf und mehr Energie. Der Jojo-Effekt bleibt aus und auch lästige Heißhungerattacken sind passé.“