So klein, so umstritten sind sie: Nanopartikel. Einerseits setzt unter anderem die medizinische Forschung auf das Potenzial der Winzlinge, beispielsweise für den Darm. Andererseits besteht der Verdacht, dass sie Krebs oder genetische Schäden auslösen könnten.
Der Name der Winzlinge geht auf das griechische Wort „nanos“, also „Zwerg“, zurück. Ein Nanometer entspricht einem Milliardstel Meter. Über Nase und Mund gelangen Nanoteilchen in Ihren Organismus. Sie kommen natürlicherweise in unserer Umwelt vor, schweben in der Luft beispielsweise nach einem Waldbrand oder Vulkanausbruch. Die Chemie-, die Elektronik-, die Medizin-, die Lebensmittel- oder die Kosmetikbranche setzt synthetische Nanopartikel ein.
Durch ihre minimale Größe verfügen sie über besondere Eigenschaften: Sie stabilisieren Kunststoffe, verbessern die Rieselfähigkeit von Instantkaffee, färben die Umhüllung von Tabletten. Das Pigment Titandioxid im Nanoformat in Sonnenschutzmitteln beispielsweise legt sich als unsichtbarer Film auf Ihre Haut und reflektiert UV-Strahlung.
Die Risiken der Nanopartikel
Einerseits nützlich, bergen die Nanopartikel andererseits einige Gefahren. Beispielsweise stehen sie unter Verdacht, aufgrund ihrer Winzigkeit im Körper ungewollt Barrieren durchdringen zu können. Sie können durch die Haut, die Darmwand oder die Blut-Hirn-Schranke gelangen, chronische Erkrankungen auslösen, Krebs erzeugen oder genetische Schäden hervorrufen.
Als bedenklichstes Einfallstor gilt die Lunge: Nanopartikel können von dort ins Blut gelangen, sich in Organen anreichern. Auch aus Nahrungsmitteln können Nanopartikel vom Magen-Darm-Trakt ins Blut- und Lymphsystem übergehen und sich im Organismus verteilen.
Allerdings ist die Verteilung von Nanopartikeln in den Organen nur unzureichend untersucht. Zudem liegen kaum Erkenntnisse darüber vor, was die Zwerge tatsächlich im Körper anrichten. Möglicherweise reichern sie sich an und zeigen erst nach Jahren eine Wirkung.
Auch Folgen für die Umwelt sind bislang kaum erforscht, wenn zum Beispiel Silberpartikel aus Textilien beim Waschen ins Abwasser gelangen. Einige Nanoteilchen können offenbar Pflanzen und Wasserorganismen schädigen.

Nanopartikel heilen den Darm
Nanotechnologie hat in der medizinischen Forschung bereits einige Erfolge gefeiert. Einige Beispiele:
- Nanos gegen Magenkrebs: Wissenschaftler setzten Nano-Antibiotika ein, um krankmachende Darmbakterien abzutöten. Sie konnten zeigen, dass die Nanos sich an den Helicobacter-Pylori-Keim, also ein Bakterium, das an Magenkrebs beteiligt zu sein scheint, anlagern und dessen Infektiösität reduzieren kann.
- Wirkstofftransporter für Medikamente: Da Nanopartikel aufgrund ihrer geringen Größe die Blut-Hirn-Schranke überwinden, können sie Arzneiwirkstoffe tief in den Organismus transportieren.
- In der Krebstherapie: Eisenoxidhaltige Nanopartikel können sich in einem Tumor anreichern und es möglich machen, ihn durch ein Magnetfeld zu erhitzen und zu zerstören.
- Nanos in der Diagnose: Forschern ist es gelungen mit Nanopartikeln bestimmte Zellen zu markieren, die sich dann in bildgebenden Verfahren darstellen ließen.
Warnung vor Titandioxid nano
Forscher warnen beispielsweise vor der Nanovariante von Titandioxid. Bei Titandioxid, auch E 171 oder CI Pigment White 6 genannt, handelt es sich um eine Sauerstoff-Verbindung des Metalls Titan. Die Lebensmittel- und die Arzneimittelindustrie nutzt den Stoff, der auch als Titanweiß bezeichnet wird, um Produkte oder ihre Oberflächen weiß zu färben. Sehr kleine Teilchen des Stoffs heißen Nano-Titandioxid. Sie haben eine Partikelgröße in einer Dimension zwischen 1 und 100 Nanometer.
Worin Titandioxid enthalten ist
Titandioxid ist ein zugelassener kennzeichnungspflichtiger Lebensmittelfarbstoff. Er steckt beispielsweise
– in Nahrungsmitteln wie
- Zuckerguss,
- Kaugummis,
- Marshmallows,
- Kaffeeweißer,
- fermentierten Milchprodukten,
- essbarer Käserinde,
- Speiseeis,
– im Überzug von Tabletten,
– in Zahnpasta.
Die deutschen Lebensmittelbehörden stuften den Stoff bisher als unbedenklich ein. Doch möglicherweise ist er nicht so harmlos, wie gedacht. Das vermutet der Gastroenterologe Gerhard Rogler von der Universität Zürich: „Titandioxid ist normalerweise im Mikrometer Bereich. Und da ist es wohl auch ungefährlich. Aber wenn es noch kleiner wird und in den Bereich geht, der weniger als ein Tausendstel Millimeter ist, also in den Nanometer-Bereich, da ist es so, dass es in Zellen eindringen kann.“
Im Tierversuch mit Mäusen zeigte sich, dass Nager mit gesundem Darm keine negativen Effekte erlebten, wenn ihrem Futter Titandioxid beigemengt war. Litten die Versuchstiere allerdings unter einer Darmentzündung, verstärkten sich ihre Symptome. Der Wissenschaftler Rogler geht davon aus, dass bei Menschen mit chronischen Darmentzündungen ähnliches passiert.
Wie können Sie Nanopartikel meiden?
Seit Juli 2013 müssen Nanoteilchen in Kosmetika EU-weit deklariert werden. Seit 2014 gilt die Kennzeichnungspflicht auch für Lebensmittel. Allerdings halten sich einige Hersteller nicht an diese Vorgabe. Zudem müssen die meisten Produkte, die Nanopartikel enthalten, beispielsweise Textilien oder Verpackungen, diese gar nicht deklarieren. Auf Lebensmitteln können Sie die Nanos an den E-Nummern erkennen. Neben Titandioxid (E 171) sind es beispielsweise:
- Eisenoxide und Eisenhydroxide (E 172),
- Silber (E 174),
- Gold (E 175),
- Magnesiumoxid (E 530),
- Siliciumdioxid (E 551),
- Calciumsilicat (E 552),
- Magnesiumsilicat (E 553a),
- Talkum (E 553b).
Über die mögliche gesundheitliche Gefährdung gibt die E-Nummer allerdings keine Auskunft.
Der BUND hat auf Nanowatch eine Datenbank mit Nanoprodukten zusammengestellt, die laut Hersteller Nanopartikel enthalten. Hier können Sie sich über Lebensmittel und Kosmetika informieren.