Blutgerinnsel in den Beinvenen sind ein Problem älterer Menschen – denken viele. Doch das stimmt nicht ganz. An Thrombose kann man auch in jungen Jahren erkranken. Der Stau im Blutstrom ist für Lunge, Herz und Hirn aller Altersklassen gleich gefährlich – und wird dennoch häufig unterschätzt.
Was ist eine Thrombose?
Als Thrombose wird eine Gefäßerkrankung bezeichnet, bei der ein Gerinnsel (Fachbegriff: Thrombus) den Rückfluss des Blutes zum Herzen stört. So ein Hindernis in der Blutzirkulation kann theoretisch in allen Gefäßen einen „Stau“ verursachen.
Umgangssprachlich verbindet man mit dem Begriff Thrombose allerdings ein Gerinnsel in den tiefen Beinvenen. In aller Regel nimmt die Erkrankung nämlich in der unteren Körperhälfte ihren Anfang. Bei 90 Prozent aller Thrombosen handelt es sich um Gerinnsel in den Venen der Beine oder des Beckens.
Abhängig davon, wo das Blut ins Stocken gerät, werden zwei Thrombose-Formen unterschieden:
1. Thrombophlebitis: eine Entzündung und ein daraus entstehender Thrombus in oberflächlichen Venen. Dieses Gerinnsel ist eine häufige Folge von Krampfadern und kann sich ins tiefere Venensystem verlagern.
2. Phlebothrombose: ein Gerinnsel in tiefen Venen, häufig in den Beinen, die mit dem Blutstrom in den Oberkörper „weiterwandern“ können. Dadurch besteht die Gefahr einer Lungenembolie.
Die folgenden Informationen behandeln die häufigste Form der Gefäßkrankheit: die Beinvenenthrombose.
Statistisch gesehen
Jährlich werden in Deutschland etwa 200.000 Venenthrombosen diagnostiziert. Die Gerinnsel gelten zusammen mit den daraus entstehenden Komplikationen wie einer Lungenembolie als dritthäufigste Herz-Kreislauf-Erkrankung. Frauen ab dem gebärfähigen Alter sind häufiger betroffen als Männer. Generell gilt: Das Risiko, daran zu erkranken, steigt mit den Lebensjahren.
Was sind die Ursachen einer Thrombose?
Bei einer Thrombose wird das Gefäß durch ein Gerinnsel verschlossen. Es kommt zu einem Engpass, der Blutfluss wird unterbrochen. So ein Blutpfropfen entsteht, wenn sich die Blutgerinnung verändert.
Die Gerinnung des Blutes (natürliche Hämostase) ist ein lebenswichtiger Prozess. Durch sie ist der Körper in der Lage, Blutungen zu stoppen. Das Blut härtet aus, geschädigte Gefäße können abgedichtet werden. Verfestigt sich das Blut jedoch, während es durch Arterien oder Venen fließt, kann ein sogenannter Verschluss entstehen.
Normalerweise wird die Gerinnungsneigung des Blutes durch die permanente Bewegung im Gefäßsystem unterbunden. Strömt das Blut jedoch langsamer oder ist die Blutgerinnung allgemein erhöht, kommt es auch ohne Verletzungen zu Verklumpungen und damit zu Stauungen in Venen oder Arterien – den Thromben.
Die drei entscheidenden Ursachen für Thrombosen werden als Virchowsche Trias bezeichnet (benannt nach dem deutschen Pathologen Rudolf Virchow):
- Der Blutfluss verlangsamt sich: Krankhafte Erweiterungen der Venen (Krampfadern), Herzschwäche, Bewegungsmangel, eingeklemmte Gliedmaßen oder Verletzungen können den Blutstrom abbremsen. Die Gefahr eines Gerinnsels erhöht sich damit.
- Die Gefäßinnenwände sind geschädigt: Mini-Gerinnsel bleiben an einer verletzten, aufgerauten Gefäßwand im Vorbeiströmen leicht hängen und werden zum „Stolperstein“ für weitere kleine Thromben. Ein Berg an Ablagerungen staut sich auf diese Weise an und führt schließlich zum Verschluss des Gefäßes. Solche Veränderungen der Gefäßwand können infolge von (OP-)Verletzungen, Entzündungen der Arterien (Arteriitis) oder Venen (Phlebitis), allgemeinem Verschleiß oder Erkrankungen wie Diabetes auftreten.
- Die Blutzusammensetzung verändert sich: Eine Gerinnungsstörung kann angeboren sein, aber auch durch Krankheiten, Medikamente, Operationen, Stress und Hormonumstellungen verursacht werden. Auch äußere Einflüsse spielen eine Rolle: Durch Flüssigkeitsmangel und starkes Schwitzen zum Beispiel dickt das Blut ein und gerinnt schneller.
Die Risikofaktoren
Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens an Thrombose zu erkranken, ist umso höher, je mehr dieser Kriterien zutreffen:
- Bewegungsmangel, besonders bei bettlägerigen Patienten
- langes Sitzen im Büro, Auto, Zug oder Bus
- Langstreckenflüge
- Übergewicht
- Schwangerschaft (Hormone können sich auf die Zusammensetzung des Blutes auswirken)
- vererbte Gerinnungsstörungen
- Operationen (können Gerinnungsneigung erhöhen)
- Hormonpräparate wie orale Verhütungsmittel (die „Pille“)
- Rauchen
- Druck auf ein Gefäß (zum Beispiel durch einen Tumor)
- Krampfadern und erweiterte Venen
- Infektionskrankheiten mit Fieber
- Hormontherapie in den Wechseljahren
- eine Thrombose in der Vergangenheit
Sonderfall Reisethrombose
Wer im Auto, Zug oder Flugzeug über fünf Stunden unbewegt „auf der Stelle“ sitzt und dabei noch sehr enge Kleidung trägt, klemmt den Blutstrom in den tiefen Beinvenen ab. Das Blut fließt langsamer und wird „dicker“, wenn die Luft (in der Flugzeugkabine) dazu noch sehr trocken ist und der Reisende zu wenig trinkt. Die Gefahr der Blutgerinnung steigt dann für jedermann (auch ohne individuelle Risikofaktoren). Warnsignale sind: Ödeme im Knöchel- und Wadenbereich, Schmerzen beim Auftreten sowie lokal erhöhte Temperatur.
Was sind die Symptome?
Erste Anzeichen für einen Blutstau infolge einer „Verstopfung“ der Venen sind Spannungsschmerzen, Schwellungen, Schweregefühle und sogenannte „Warnvenen“ (heraustretende, stark sichtbare Adern).
Weiterhin können diese Symptome auftreten:
- Blaufärbung der betroffenen Hautzone
- stark gespannte, glänzende Haut
- Überwärmung des Beins
- ziehende Wadenschmerzen (wie bei einem Muskelkater)
> Schmerzen in den Beinen: Die häufigsten Ursachen
Die Größe des Gerinnsels entscheidet über die Symptome und ihre Intensität. Sind die Thromben klein und das Gefäß noch nicht ganz verschlossen, sind auch die Krankheitszeichen abgeschwächt – und umgekehrt. Aber Achtung: Manchmal bleiben die Symptome komplett aus und die Thrombose verläuft „stumm“.
Starke Waden, starke Venen: Bewegung beugt Gerinnseln in den Beinen vor. (c) Colourbox.de
Was sind die Folgen?
Die größte Gefahr bei Thrombose ist, dass die Gerinnsel den Körper hinaufwandern. Wird der Thrombus aus dem Bein oder Becken mit dem Blutfluss in den Oberkörper geschwemmt, kann er sich überall ablagern – und lebenswichtige Blutgefäße blockieren. Ein Schlaganfall, Herzinfarkt oder eine Lungenembolie können die Folge sein – je nachdem, ob der Pfropfen die Blutversorgung von Venen oder Arterien behindert.
Hierzulande sind etwa 100.000 Menschen pro Jahr vom gefährlichen Verschluss in der Lunge betroffen – für gut ein Viertel von ihnen endet die Embolie tödlich.
Eine Lungenembolie ist wahrscheinlich und der Notarzt muss eingeschaltet werden, wenn …
- die Brust schmerzt
- die Luft knapp wird
- und der Puls rast.
Das sogenannte postthrombotisches Syndrom ist eine weitere Folge der Erkrankung. Nach einer Thrombose kann es zu einer chronischen Venenschwäche und bleibenden Schäden der Venenklappen kommen. Sie geht mit Wassereinlagerungen, Krampfadern, bläulichen und bräunlichen Verfärbungen der Haut, hartnäckigen Entzündungen und lokalen Geschwüren einher.

Wie erkennt der Arzt eine Thrombose?
Blutgerinnsel in den Gefäßen sind nicht immer auf Anhieb erkennbar. Denn charakteristische Beschwerden bleiben mitunter ganz aus. Besteht allerdings ein leiser Verdacht (werden eine Reihe der Risikofaktoren erfüllt, fühlen sich die Beine schwer an, sind sie geschwollen, treten Adern hervor), stehen dem Arzt mehrere Diagnoseverfahren zur weiteren Abklärung zur Verfügung:
Im Labor: Über einen Bluttest lassen sich die Abbauprodukte eines Blutgerinnsels (erhöhte D-Dimer-Werte) nachweisen. Fällt der Test positiv aus, ist ein Thrombus wahrscheinlich.
Welche Vene verschlossen ist, kann der Arzt mithilfe bildgebender Verfahren herausfinden:
Sonographie: Durch Ultraschall werden die Gerinnsel im Bein sichtbar. Der Arzt kann die Fließgeschwindigkeit des Blutes feststellen und Gefäßveränderungen ausmachen. Dazu übt er mit dem Ultraschallgerät (Sonde) Druck auf das verdächtige Gefäß aus. Wenn sich die Vene komplett zusammendrücken lässt, ist sie gesund.
Phlebografie: eine ältere Methode der Thrombose-Diagnostik. Sie kommt heute vor allem zum Einsatz, wenn die Untersuchung mit Ultraschall keine eindeutigen Befunde liefert. Der Arzt injiziert dafür ein Kontrastmittel über eine Fußvene, auf der Röntgenaufnahme wird so das Venensystem inklusive eventueller Blockaden sichtbar.
Wie wird eine Thrombose behandelt?
Der Erfolg der Therapie hängt maßgeblich davon ab, wie rasch sie eingeleitet wird. In den ersten zehn Tagen nach Entstehung des Gerinnsels stehen die Chancen auf komplette Heilung am besten.
Ziel der Behandlung ist es, eine Lungenembolie zu verhindern, den Thrombus aufzulösen, den Blutstrom wiederherzustellen und eine erneute Thrombose zu vermeiden. Unterschieden wird zwischen der akuten Therapie und Maßnahmen der Nachsorge.

Sofortmaßnahmen: Sobald der Arzt eine Thrombose festgestellt hat, erfolgt eine Notfall-Versorgung der betroffenen Vene. Das Bein wird hochgelagert, um den Blutrückfluss zu fördern und Schmerzen zu stillen. Gerinnungshemmer werden gespritzt (im Akutfall ist Heparin der Standard), um das Thrombus-Wachstum in der Vene zu stoppen. Zusätzlich legt der Arzt einen straffen Kompressionsverband an (in der Langzeittherapie sind es Kompressionsstrümpfe), der den Thrombus festhält, ihn am „Weiterwandern“ hindert und Beschwerden mindert.
Thrombolyse: Hat sich das Gerinnsel gebildet, besteht 10 Tage lang die Möglichkeit, es mit Medikamenten aufzulösen. Dazu werden sogenannte Thrombolytika zwischen drei und 14 Tage lang über eine Dauerinfusion verabreicht. Die Thrombolyse geht mit einem erhöhten Blutungsrisiko einher und kommt nicht für jeden Patient in Betracht. Eingesetzt wird sie vor allem bei stark geschwollenen Beinen infolge einer tiefen Venenthrombose und einer akuten Lungenembolie.
Basistherapie: Ist das Wachstum des Gerinnsels gestoppt, beginnt der Körper damit, es aus eigener Kraft abzubauen. Der natürliche Heilungsprozess kann je nach Ausmaß und Ort des Thrombus allerdings Wochen, Monate, manchmal sogar Jahre in Anspruch nehmen.
Beim Abbau werden Stoffe freigesetzt, die die Blutgerinnung fördern. Darum bedarf es in dieser Zeit medikamentöser Unterstützung, um erneuten Thrombosen vorzubeugen. Zum Einsatz kommen Gerinnungshemmer (sogenannte Antikoagulanzien), die zuerst intravenös, später als Tabletten (Präparate mit dem Wirkstoff Phenprocoumon) verabreicht werden. Die Dauer der Medikation hängt vom Krankheitsbild ab – mindestens hält sie drei Monate an, kann aber auch lebenslang notwendig sein.
Thrombektomie: Es gibt verschiedene Techniken, Thrombosen operativ zu beseitigen – das Gerinnsel kann entweder direkt entfernt, mit speziellen Werkzeugen hinausgeschoben oder über Druck herausgepresst werden. Chirurgische Eingriffe sind schweren Fällen vorbehalten und gehören nicht zur Standardtherapie.
Wie kann man vorbeugen?
Gerade nach einer akuten Thrombose ist es wichtig, Risikofaktoren auszuschalten – sich das Rauchen abgewöhnen, Gewicht reduzieren oder Sport treiben zum Beispiel. Unabhängig vom persönlichen Risiko gilt für jeden: Was die Durchblutung in den Beinen und speziell den Waden aktiviert, beugt Blutgerinnseln generell vor.
Tipps für gesunde und gut durchblutete Venen:
- Bewegen! Starke Muskeln und starker Blutfluss gehen miteinander Hand in Hand. Radfahren, Schwimmen, Wandern oder spezielle Venengymnastik – wie man die Beine fit hält, ist egal. Hauptsache, man bleibt nicht sitzen.
- Beine hochlegen! Das entlastet die Venen und beschleunigt den Blutrückfluss zum Herzen.
- Viel trinken! Am besten Wasser. Vor allem auf Fernreisen sollte man ein Auge auf die Flüssigkeitszufuhr haben.
- Kalt duschen! Eiskalte Wadenbrausen stärken die Venen.
- Langfristig schützen! Ist das Thrombose-Risiko sehr hoch, können Gerinnungshemmer und Kompressionsstrümpfe auch vorbeugend eingesetzt werden.