Weiche Knochen sind das typische Merkmal der Rachitis. Durch einen länger bestehenden Vitamin-D-Mangel kann das Gewebe keine Stabilität aufbauen, was bei Kindern zu drastischen Verformungen des Skeletts führt. Dabei lässt sich der Erkrankung recht einfach vorbeugen.
Was ist Rachitis?
Laut Definition ist Rachitis eine Stoffwechselerkrankung, die durch einen Vitaminmangel verursacht wird. Dabei kommt es zu einer Fehlentwicklung der Knochen, die nicht ausreichend mit Mineralstoffen versorgt werden. Das Knochengewebe ist deshalb zu weich, wodurch Verformungen der Knochen auftreten, insbesondere der Wirbelsäule, des Brustkorbs oder der Beine.
Andere Namen für Rachitis sind Englische Krankheit, Glisson-Krankheit oder Knochenerweichung. Früher litten in England unter der Krankheit überwiegend Kinder, die im 19. Jahrhundert im Bergbau arbeiten mussten und dadurch kein Sonnenlicht abbekamen.
Davon leitet sich die Bezeichnung „Englische Krankheit“ ab. Doch auch in den damals rapide wachsenden Großstädten wurde Sonnenlicht immer weniger. Die Kinder spielten zunehmend in düsteren Gassen statt auf den sonnigen Wiesen. Rachitis war zur Zeit der Industrialisierung weit verbreitet. Heutzutage hat sich die Häufigkeit stark reduziert. In Deutschland tritt die Erkrankung so gut wie nicht mehr auf.
> Vitaminmangel erkennen und vorbeugen
Rachitis und Osteomalazie
Unter einer Rachitis leiden überwiegend Kinder im Wachstum. Bei Erwachsenen tritt ein ähnliches Krankheitsbild auf, dabei handelt es sich um die sogenannte Osteomalazie. Auch hierbei werden die Knochen durch einen Vitamin-D-Mangel weicher, was zu Verformungen des Skeletts führt.
Was sind die Ursachen von Rachitis?
Es gibt zwei Formen der Rachitis. Die Ursache der ersten Form ist ein langanhaltender Vitamin-D-Mangel. Dazu kommt es durch:
- zu wenig Sonnenlicht
- einseitige Ernährung ohne ausreichend Vitamin D
- mangelhafte Vitamin-D-Prophylaxe bei Säuglingen
- Störung im Vitamin-D-Stoffwechsel, z.B. durch Erkrankung der Nieren oder der Leber
- verminderte Vitamin-D-Aufnahme über den Darm, z.B. durch eine Darmerkrankung wie Zöliakie
Bei Kindern kann ein Vitamin-D-Mangel beispielsweise durch Vernachlässigung der Eltern entstehen, die ihren Kindern keine vitaminreiche Nahrung geben und nicht für ausreichende Aufenthalte im Sonnenlicht sorgen. Eine Rachitis durch eine zu geringe Vitamin-D-Zufuhr ist heutzutage jedoch äußerst selten.
Eine Darmerkrankung oder Stoffwechselstörung kann hingegen sehr viel häufiger der Grund dafür sein, dass der Körper Vitamin D nicht gut verwerten kann, obwohl eine ausreichende Menge vorhanden wäre.
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Rachitis durch Vererbung
Die Ursache der zweiten Form ist genetisch bedingt und nennt sich Phosphatdiabetes.
Ein Gendefekt führt dazu, dass die Betroffenen Phosphate nicht richtig aufnehmen können oder zu viel davon über die Nieren ausscheiden. Obwohl hier ausreichend Vitamin D zur Verfügung steht, ist der Knochenstoffwechsel durch zu wenig Phosphat gestört und es kommt zur Rachitis.
Eine weitere genetisch bedingte Krankheit ist die Hypophosphatasie, bei der das Enzym alkalische Phosphatase die Knochenstabilität verhindert.
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Warum ist Vitamin D für die Knochen wichtig?
Dass Calcium für den Knochenbau wichtig ist, wissen die meisten. Doch ohne Vitamin D können Calcium und Phosphate nicht aus der Nahrung aufgenommen und in den Knochen eingelagert werden.
Erst durch diese Einlagerung wird das Knochengewebe fest und stabil. Fehlt es dem Stoffwechsel nun an Vitamin D, ist auch dieser Verkalkungsprozess der Knochen gestört – und das Gewebe bleibt so weich, dass es sich verformt.
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Vitamin D ist sehr wichtig für die Knochen. (c) ratmaner / Fotolia
Was sind die Rachitis-Symptome?
Die ersten Anzeichen der Erkrankung entwickeln sich allmählich bereits im Kindesalter. Da Vitamin D eine wichtige Rolle beim Aufbau des Knochengewebes spielt, kommt es zu Fehlbildungen am Skelett. Besonders häufig treten auf:
- Skoliose (Krümmung der Wirbelsäule)
- Rachitischer Rosenkranz (Aufreibung der Grenze zwischen Knochen und Knorpel am Brustkorb)
- Glockenthorax (der Brustkorb weitet sich im unteren Bereich)
- Quadratschädel
- Trichterbrust
- Fehlstellung der Kniegelenke (O-Beine oder X-Beine)
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Auch die Zähne leiden unter dem Vitamin-D-Mangel. Oft ist der Zahnschmelz sehr anfällig und Karies breitet sich aus. Bei vielen Kindern fallen die Zähne verfrüht aus. Weitere Anzeichen einer Rachitis sind
- Muskelschwäche
- Krampfanfälle
- hohe Infektanfälligkeit durch ein geschwächtes Immunsystem
- Störungen der Gangart
- schlaffe Bauchdecke (sogenannter Froschbauch)
- anhaltende Verstopfung
- Schlafstörungen
- innere Unruhe
- Schreckhaftigkeit
- juckender Ausschlag auf der Haut
Treten ein oder mehrere Anzeichen bei Ihrem Kind auf, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Denn je früher eine Rachitis entdeckt wird, umso wirksamer kann der Knochenverformung gegengesteuert werden.
Mittels Bluttest kann ein Vitamin-D-Mangel erkannt werden. (c) jarun011 / Fotolia
Wie erkennt der Arzt Rachitis?
Oft sind die Anzeichen der Krankheit bereits am Körperbau zu erkennen. Dennoch können die Knochenverformungen auch andere Ursachen haben. Deshalb wird der Arzt ausführliche Untersuchungen durchführen, um die Rachitis-Diagnose abzusichern:
- Durch einen Bluttest bestimmt der Arzt den Vitamin-D-Spiegel. Liegt er unter der Norm, besteht ein Mangel. Gleichzeitig ist der Wert der alkalischen Phosphatase erhöht. Aufschlussreich sind auch der Calcium- und der Phosphat-Wert.
- Am Röntgenbild erkennt der Arzt mögliche Verformungen des Knochengewebes. Im Gegensatz zu stabilen Knochen wird das Gewebe bei Rachitis auf den Bildern eher unscharf dargestellt.
Welcher Arzt für die weitere Behandlung zuständig ist, richtet sich nach dem Verlauf der Rachitis. Die Diagnostik und Therapie von Schäden am Knochenbau wird in der Regel ein Orthopäde durchführen.
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Wie wird Rachitis behandelt?
Oberste Priorität hat die Behebung des Vitamin-D-Mangels. Deshalb umfasst die Rachitis-Behandlung meist
- die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten
- ausreichend Sonnenlicht
- die Einnahme von Calcium, um den Knochenaufbau zu unterstützen
Die meisten Knochenverformungen können durch die frühzeitige Behandlung rückgängig gemacht werden. Meist dauert die Therapie zwei bis vier Monate, um den Vitamin-D-Spiegel wieder auszugleichen. Bis sich die Knochenverformungen normalisiert haben, können jedoch einige Jahre vergehen. Im Anschluss an die Therapie sollten die Betroffenen weiterhin auf ihren Vitamin-D-Haushalt achten und Ernährung und Aufenthalte im Freien daran anpassen.
Ist die Ursache der Erkrankung eine Störung des Vitamin-D-Stoffwechsels an Niere oder Leber, wird die jeweils zugrunde liegende Krankheit behandelt. Um den Vitaminmangel auszugleichen, kommen beispielsweise Medikamente mit den Wirkstoffen Alfacalcidol und Calcitriol in Frage. Ist eine Entzündung im Darm dafür verantwortlich, dass Vitamin D nicht richtig aufgenommen werden kann, muss diese Entzündung ebenfalls behandelt werden.
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Wie kann ich Rachitis vorbeugen?
Vitamin D ist für die Entwicklung der Knochen enorm wichtig. Deshalb sollten Säuglinge, Babys und Kinder immer ausreichend dem Sonnenlicht ausgesetzt sein und eine Vitamin-D-haltige Nahrung bekommen.
Eier, Milchprodukte, Fisch und Lebertran sind gute Vitamin-D-Lieferanten, weshalb Eltern oft empfohlen wird, den Kindern regelmäßig Lebertran zu geben. Bei Säuglingen sorgt die Rachitis-Prophylaxe dafür, dass die Neugeborenen im ersten Lebensjahr mit Vitamin D versorgt werden.
Auch Erwachsene und besonders ältere Menschen können durch eine vitaminreiche Ernährung und regelmäßige Aufenthalte im Sonnenlicht gegen Rachitis im Alter vorbeugen. Wer sich gesund ernährt und viel an der frischen Luft bewegt, kann auch weiteren Knochenerkrankungen wie Osteoporose entgegenwirken.
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Vitamin D – schon 10 Minuten Sonne reichen aus
Zu 90 Prozent bildet der Körper Vitamin D selbst, wenn Sonnenlicht auf die Haut trifft. Schon 10 Minuten jeden Tag reichen für eine grundlegende Versorgung aus.
Im Sommer füllen sich die Vitamin-D-Speicher schneller als im Winter, wenn die Sonneneinstrahlung weniger stark ist. In den Wintermonaten kann eine Versorgung durch Nahrungsergänzung mit Vitamin D sinnvoll sein, vor allem für Vegetarier.
Wie sind die Heilungschancen bei Rachitis?
In der Regel sind die Heilungschancen sehr gut. Rechtzeitig behandelt, bilden sich die Knochenschäden sogar wieder zurück.
Wird die Vitamin-D-Versorgung jedoch langfristig vernachlässigt, können Spätfolgen auftreten, die die körperliche Bewegungsfähigkeit der Betroffenen stark einschränken.
Folgeschäden an der Wirbelsäule und an den Gelenken sind oft auch mit dauerhaften Schmerzen verbunden. Deshalb ist eine Rachitis-Vorsorge durch ausreichend Vitamin D unbedingt ratsam, um die Knochengesundheit lange zu erhalten.