Kompakt: Boerhaave-Syndrom

Boerhaave-Syndrom

Inhaltsverzeichnis

Ein spontaner Riss in der Speiseröhre hat dramatische Folgen. Lesen Sie hier, an welchen Anzeichen Sie das Boerhaave-Syndrom erkennen können, wie es behandelt wird und wie es um die Überlebenschancen der Patienten bestellt ist.

Was ist das Boerhaave-Syndrom?

Als Boerhaave-Syndrom bezeichnen Mediziner ein seltenes Krankheitsbild, bei dem es zu einem plötzlichen Riss in der Speiseröhre kommt. Es handelt sich dabei um einen gefährlichen Durchbruch, der alle Wandschichten der Speiseröhre durchdringt.

Ein derartiger Durchbruch wird auch Ösophagusperforation genannt: Ösophagus ist das medizinische Fachwort für die Speiseröhre, eine Perforation meint das Durchstoßen eines Gewebes oder Hohlorgans. Wichtig zu wissen: Leidet ein Patient am Boerhaave-Syndrom, liegt ein akuter Notfall vor – es müssen also sofort Notarzt und Krankenwagen gerufen werden. Wird der Einriss in der Speiseröhre, fachsprachlich Ösophagusruptur genannt, nicht umgehend behandelt, liegt die Sterblichkeitsrate bei über 90 Prozent.

Zur Geschichte des Boerhaave-Syndroms: Benannt wurde das Krankheitsbild nach seinem Entdecker, dem niederländischen Mediziner Herman Boerhaave. Er beschrieb das Syndrom im Jahr 1724 zum ersten Mal, nachdem sein Freund nach einem üppigen Mahl heftig erbrach und anschließend verstarb. Herman Boerhaave obduzierte die Leiche und stellte als Todesursache eine Ösophagusruptur fest. Bis heute sind aber nur knapp 1.000 Fälle des Boerhaave-Syndroms bekannt. Lediglich 10 bis 15 Prozent aller Speiseröhrendurchbrüche lassen sich darauf zurückführen. Die Betroffenen sind meist junge Menschen und im Schnitt zwischen 20 und 40 Jahre alt. Selten kommt die Erkrankung auch bei Kindern oder Neugeborenen vor. In über 80 Prozent der Fälle sind die Patienten männlich.

Was sind die Ursachen des Boerhaave-Syndroms?

Der Riss in der Speiseröhre liegt meist im unteren Drittel links hinten, direkt oberhalb des Zwerchfells. Die Ruptur entwickelt sich aufgrund eines starken Druckanstiegs im Bauchraum. Dieser hohe Druck kann beispielsweise durch massives Erbrechen, starke Hustenanfälle, heftiges Pressen oder enorme physische Anspannung entstehen.

Meist steckt aber starkes Erbrechen dahinter, ausgelöst durch übermäßigen Alkoholkonsum. Das Gewebe ist in der Regel bereits vorgeschädigt, etwa aufgrund von Alkoholmissbrauch, falscher Ernährung oder Bulimie. Das Boerhaave-Syndrom wird daher verhältnismäßig oft bei Alkoholikern oder essgestörten Personen beobachtet.

Darüber hinaus gibt es verschiedene Krankheiten, die zu einem spontanen Riss in der Speiseröhre führen können. Dazu zählen die gastroösophageale Refluxkrankheit, deren zentrales Symptom Sodbrennen ist, sowie die Ösophagitis, eine Entzündung der Speiseröhre. Unterschieden werden muss das Boerhaave-Syndrom vom Mallory-Weiss-Syndrom: Während sich der Durchbruch bei Ersterem auf die Speiseröhre beschränkt, ist bei Letzterem vor allem die Schleimhaut am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen betroffen.

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Boerhaave-Syndrom 1

Was sind die Symptome des Boerhaave-Syndroms?

Kennzeichnend für das Boerhaave-Syndrom ist explosionsartiges Erbrechen. Man spricht daher auch von einer „emetogenen Ösophagusperforation“, also einem brechreizauslösenden Speiseröhrendurchbruch. Dazu kommen starke Schmerzen hinter dem Brustbein. Diese sind so heftig, dass sie beim Betroffenen absolute Hilflosigkeit und Todesangst auslösen können und deshalb auch Vernichtungsschmerz“ genannt werden. Zudem sammelt sich Gas in der Unterhaut oder im Mittelfellraum, welches sich beim Abtasten als knisternde Bläschen bemerkbar macht – man spricht hier von einem Hautemphysem bzw. einem Mediastinalemphysem.

Treten starkes Erbrechen, Vernichtungsschmerz und Haut- bzw. Mediastinalemphysem gemeinsam auf, liegt die klassische Mackler-Trias“ vor, also ein Dreiklang an Krankheitsanzeichen, der typisch für das Boerhaave-Syndrom ist.

Daneben kann der Patient weitere Symptome zeigen: So kann es beispielsweise aufgrund eines Schocks zu kalten Schweißausbrüchen, Blutdruckabfall und Kreislaufversagen kommen. Andere Begleiterscheinungen können Luftnot und das Erbrechen von Blut sein. Mitunter verfärben sich die Gesichtshaut und die Lippen blau und der Patient verliert das Bewusstsein. Denn durch den Riss in der Speiseröhre kann sich ein Pneumothorax bilden, bei dem eine Luftansammlung zwischen Brustkorb und Lunge zu Sauerstoffmangel führt.

Wie erkennt der Arzt das Boerhaave-Syndrom?

Zunächst stabilisiert der Arzt den Patient mithilfe von Erste-Hilfe-Maßnahmen. Im Rahmen der Diagnostik kann der Arzt dann verschiedene Untersuchungen anordnen, etwa eine Röntgenuntersuchung. Diese macht den sichelförmigen Luftaustritt sichtbar, der typisch für das Boerhaave-Syndrom ist. Außerdem können eine Röntgen-Kontrastmitteluntersuchung der Speiseröhre oder eine Speiseröhrenspiegelung durchgeführt werden, um die Perforation sichtbar zu machen und gegebenenfalls gleich zu nähen.

Wichtig ist bei der Diagnosestellung, das Boerhaave-Syndrom von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen zu unterscheiden. So können beispielsweise Atemnot und Panik auch bei einem Herzinfarkt auftreten. Starke Schmerzen im Bauch- und Brustbereich sind unter anderem typisch für eine Bauchspeicheldrüsenentzündung, fachsprachlich Pankreatitis genannt, oder auch für das Roemheld-Syndrom. Eine druckschmerzhafte Schwellung im Brustbereich kann für das Tietze-Syndrom sprechen.

Um einen Herzinfarkt auszuschließen, kann ein Elektrokardiogramm, abgekürzt EKG, gemacht werden. In vielen Fällen wird zur Diagnosesicherung auch eine Computertomographie, kurz CT, durchgeführt.

> Wie läuft eine CT ab?

Wie wird das Boerhaave-Syndrom behandelt?

Das Boerhaave-Syndrom ist für den Patienten lebensbedrohlich und muss sofort intensivmedizinisch behandelt werden. Zu Beginn der Therapie steht eine Operation, bei welcher der Riss in der Speiseröhre verschlossen wird. Dies kann durch eine Eröffnung des Brustkorbs geschehen, eine sogenannte Thorakotomie, oder durch eine Eröffnung des Bauchraums, eine Laparotomie. Der Arzt näht die Ruptur oder schließt diese durch körpereigenes Gewebe.

Zu den gefährlichsten Nebenwirkungen, die in Zusammenhang mit dem Boerhaave-Syndrom auftreten können, gehören bakterielle Infektionen: Dazu zählen eine Mediastinitis, das heißt eine Entzündung des Mittelfells, sowie eine Sepsis, also eine Blutvergiftung. Um dies zu vermeiden, behandelt der Arzt den Patient zusätzlich zur OP mit Antibiotika. Außerdem verabreicht der Arzt Schmerzmittel.

Damit die Wunde ausheilen kann und nicht sofort wieder einreißt, wird der Betroffene nach der Operation zunächst künstlich ernährt. Wenn sich sein Zustand im Laufe der Behandlung verbessert, kann er langsam wieder damit beginnen, leichtverdauliche Kost zu sich zu nehmen. Wie lange der Patient im Krankenhaus bleiben muss, hängt davon ab, ob Komplikationen auftreten. Gibt es keine, kann er die Klinik meist nach einer Woche wieder verlassen.

> Was tun bei einer Blutvergiftung?

Wie kann ich dem Boerhaave-Syndrom vorbeugen?

Gezielt vorbeugen können Sie dem Boerhaave-Syndrom nicht. Da unter dieser seltenen Erkrankung aber vor allem Alkoholabhängige und Bulimiker leiden, sollten Sie sich in Behandlung begeben, wenn Sie zu einer dieser beiden Risikogruppen gehören. Ihr Arzt berät Sie gerne zu entsprechenden Therapiemöglichkeiten.

Boerhaave-Syndrom 5

Wenn Sie sich von Ihrer Sucht befreien – egal ob es sich nun um Alkoholsucht oder Ess-Brech-Sucht handelt – senken Sie nicht nur das Risiko für die Entwicklung eines Boerhaave-Syndroms, sondern auch für viele andere Folgeerscheinungen und Erkrankungen.

Wie sind die Heilungschancen beim Boerhaave-Syndrom?

Die Lebenserwartung der Patienten steigt, je früher der Notarzt eintrifft und je schneller dieser mit der Behandlung beginnen kann. Die Operation, bei welcher der Riss in der Speiseröhre verschlossen wird, sollte spätestens 24 Stunden nach der Ruptur erfolgen, um die Überlebenschancen des Betroffenen zu maximieren.

Anschließend muss der Patient intensivmedizinisch überwacht werden. Die Sterblichkeitsrate bei vorliegendem Boerhaave-Syndrom beträgt 20 bis 40 Prozent – ohne Behandlung liegt sie bei nahezu 100 Prozent.

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