Ist ein großes Gehirn ein Garant für Intelligenz und einen hohen IQ? Nein, sagen Forscher. Die Größe des Denkorgans allein sei nicht ausschlaggebend fürs Schlausein.
Ist ein Mensch schon deshalb ein Superhirn, weil er ein großes Gehirn hat? Ein internationales Team fand jetzt heraus, dass die Größe des Gehirns nur eine untergeordnete Rolle bei den intellektuellen Leistungen eines Menschen spielt. Entscheidend dafür, wie viele Lichter einem aufgehen, sei nicht die Gehirngröße, sondern etwas ganz anderes.
Größeres Gehirn, höherer IQ?
Die Psychologen der Universitäten Wien, Göttingen und dem niederländischen Tilburg wollten wissen, welchen Einfluss die Größe des Zentralen Nervensystems (ZNS) auf den IQ und die Intelligenztestleistungen hat. In einer Meta-Analyse untersuchten sie die Daten von mehr als 8.000 Testpersonen. Ausgewertet wurde der Zusammenhang zwischen den Hirnvolumina, die mittels Magnetresonanztomografie ermittelt worden waren, und den IQ-Werten.
Ergebnis: Die Größe des Gehirns war für IQ-Testleistungen nur wenig ausschlaggebend. Das Gehirnvolumen erklärte nur etwa sechs Prozent der beobachteten Unterschiede zwischen der Intelligenz verschiedener Menschen. Dieser Zusammenhang zeigte sich unabhängig vom Geschlecht und Alter der Testpersonen.
„Die vorliegende Beobachtung bedeutet, dass die Größe des Gehirns für IQ-Testleistungen nur eine untergeordnete Rolle spielt“, erklärt Jakob Pietschnig vom Institut für Angewandte Psychologie der Universität Wien. Vielmehr fungierten die Struktur und Integrität – also die Unversehrtheit – des Gehirns als biologische Grundlage von Intelligenz, so Pietschnig.
Tierische Superhirne trotz kleinem Gehirn
Wie wichtig die Struktur des Zentralen Nervensystems im Vergleich zur Gehirngröße ist, lässt sich gut im Tierreich studieren. Bei der puren Gehirngröße ist der Pottwal Spitzenreiter. Das Gehirn des Meeressäugers wiegt stolze 9,5 Kilo und ist das massigste im gesamten Tierreich. Setzt man allerdings die durchschnittliche Masse des Körpers in Relation zur Gehirngröße, liegt die Spitzmaus auf Platz 1. Auch Kühe haben ein großes Gehirn, mit ihren intellektuellen Leistungen ist es aber nicht zum Besten bestellt. Dagegen gelten Delphine und Rabenvögel als wahre Intelligenzbestien unter den Tieren.
Männer haben ein größeres Gehirn als Frauen – sind aber nicht schlauer
Ein starker Zusammenhang zwischen Gehirnvolumen und IQ sei auch bei Menschen in Frage zu stellen, so die Forscher. Männer haben zum Beispiel im Schnitt um zehn Prozent größere Gehirne als Frauen – einen Unterschied zwischen den kognitiven Fähigkeiten von Mann und Frau gibt es allerdings nicht. Ein weiteres Beispiel sind Menschen mit substantiell vergrößertem Gehirnvolumen – der sogenannten Megalenzephalie. Meist erbringen diese Personen unterdurchschnittliche IQ-Testleistungen. „Strukturelle Gehirnaspekte sind also auch innerhalb der Spezies Mensch wichtiger als die Gehirngröße“, resümiert Pietschnig.
Quelle: Pietschnig, J., Penke, L., Wicherts, J. M., Zeiler, M., & Voracek, M. (2015). Meta-analysis of associations between human brain volume and intelligence differences: How strong are they and what do they mean? Neuroscience and Biobehavioral Reviews, in press. DOI: http://dx.doi.org/doi:10.1016/j.neubiorev.2015.09.017 http://www.sciencedirect.com/science/journal/aip/01497634