„Nach dem Essen sollst du ruhen oder tausend Schritte tun.“ Kennen Sie? Und den: „Käse schließt den Magen“? Rund um die Verdauung gibt es jede Menge kluger Ratschläge. Aber was ist wirklich dran an ihnen? Verdauungsmythen auf dem Prüfstand: Wir verraten, welche stimmen und welche Sie getrost in der Pfeife rauchen können – das soll übrigens den Darm anregen.
Eine gute Verdauung ist das A und O für das allgemeine Wohlbefinden. Schon zu Martin Luthers Zeiten war man sich ihrer Bedeutung bewusst. Schließlich wird dem Reformator folgender Ausspruch in den Mund gelegt: „Warum rülpset und furzet Ihr nicht, hat es euch nicht geschmecket?“ Und so haben sich im Laufe der Zeit zahlreiche kluge Weisheiten rund um Magen, Darm und ein gutes Bauchgefühl entwickelt. Viele der Verdauungsmythen stimmen, manche teilweise, einige aber auch nicht.

1. Ein Gläschen Schnaps zur besseren Verdauung
Nach einem fettigen Essen greifen viele gerne zum Verdauungsschnaps, um das Völlegefühl loszuwerden. Aber hilft das wirklich? Ja und nein: Zwar entspannt Alkohol die Magenmuskulatur, so dass man sich weniger voll fühlt. Allerdings ist die Wirkung nur von kurzer Dauer. Tatsächlich greift Alkohol die Darmwand an und verzögert die Magen-Darm-Aktivität sogar. Trinken Sie lieber ein Gläschen Ingwer- oder Kräutertee. Auch Artischockenpräparate können helfen, das Völlegefühl zu mindern.

2. Cola und Salzstangen helfen bei Durchfall
Dieses Hausmittel wird schon seit Generationen verabreicht. Salzstangen und Cola sollen den Flüssigkeits- und Mineralienverlust ausgleichen, der bei Durchfall entsteht. Diese positive Wirkung ist allerdings wissenschaftlich widerlegt. Der hohe Zuckergehalt in der Limonade bewirkt das Gegenteil. Er schwächt den Darm und kann Durchfall sogar noch verschlimmern. Auch Salzstangen bringen wenig, da sie nur Kochsalz ersetzen. Besser für das kränkelnde Verdauungsorgan sind Tee, Wasser und Brühe. In der Apotheke gibt es außerdem spezielle Elektrolytlösungen.

3. Verschluckte Kaugummis verkleben den Magen
Wer einen Kaugummi verschluckt, trägt ihn jahrelang im Magen herum, bekommt Bauchschmerzen und womöglich sogar einen Darmverschluss. Diese Gruselgeschichten erzählen Eltern und Großeltern gerne. Die Wahrheit aber ist eine andere. Zwar ist die Kaumasse an sich unverdaulich, im Magen bleibt sie aber weder liegen, noch verklebt sie ihn. Wie alle anderen unverdaulichen Substanzen, die wir zu uns nehmen, wandern auch Kaugummis in den Dickdarm und irgendwann in die Kloschüssel.

4. Kaffee und Zigaretten kurbeln die Verdauung an
Es ist eine verbreitete Annahme, dass Kaffee die Verdauung anregt. Richtig ist: Die Bitterstoffe können die Darmaktivität anstoßen, also Stuhlgang auslösen. Dass sie auf den Verdauungsvorgang im Magen Einfluss haben, ist bisher jedoch nicht ausreichend belegt. Anders verhält es sich bei der Zigarette oder Pfeife danach. Auch Nikotin stimuliert die Darmtätigkeit. Es bewirkt aber auch, dass mehr Magensäure produziert wird und kurbelt daher tatsächlich die Verdauung an. Empfehlenswert ist der Glimmstängel darum natürlich nicht, Rauchen bleibt ungesund.

5. Antibiotika schaden der Darmflora
Stimmt. Allerdings bedeutet das nicht, dass jeder, der ein paar Tage lang Antibiotika einnimmt, mit ernsthaften Folgen rechnen muss.
Antibiotika wirken gegen unerwünschte Bakterien etwa bei einer Blasenentzündung, gleichzeitig greifen sie aber auch die „guten“ Bakterienarten im Darm an. Sie bilden die sogenannte Darmflora – ein wichtiger Baustein unseres Immunsystems, da sie zum Beispiel pathogene (schädliche) Keime abwehrt. Während und nach der Einnahme von Antibiotika ist es ratsam, natürliche Präparate einzunehmen, die schützende Milchsäurebakterien enthalten. Sie sorgen dafür, dass sich die Darmflora schnell wieder erholt.

6. Käse schließt den Magen
Besonders die Franzosen beenden ihre Mahlzeiten gerne mit etwas Käse. Das Milchprodukt enthält viel Eiweiß und hat daher einen sättigenden Effekt. Die These, dass Käse den Magen schließt, geht schon auf die alten Römer zurück – sie bewahrheitet sich aber nur im übertragenen Sinn.
Das fetthaltige Milchprodukt verschließt nicht die Öffnung zum Magen. Vielmehr verlangsamt Käse die Verdauung, weil der Speisebrei verzögert von Magen zum Darm rutscht. Außerdem regen die enthaltenen Nährstoffe zur Ausschüttung des Hormons Cholecystokinin an, das sehr sättigend wirkt. Dadurch entsteht ein langanhaltendes Sättigungs- oder vielmehr Völlegefühl.

7. Nach dem Essen sollst du ruhen …
Der Mythos vom Verdauungsschlaf stimmt nur teilweise. Der Verdauungsprozess im Magen setzt tatsächlich erst ein, wenn der Körper zur Ruhe kommt. Es ist daher ratsam, die ersten 30 Minuten nach dem Essen eine Pause einzulegen. Aber besser nicht im Liegen. Die horizontale Position kann Sodbrennen begünstigen, da die Magensäure leichter zurückfließt.

8. … oder tausend Schritte tun
Bewegung ist in vielerlei Hinsicht wichtig für die Gesundheit. Auch der Magen-Darm-Trakt bleibt durch regelmäßigen Sport fit. Besser und gesünder als das Training nach dem Essen ist es aber, vorher eine größere Runde zu drehen. So kann man verhindern, dass die Blutfettwerte ansteigen. Beim Verdauungsspaziergang danach schalten Sie dann lieber einen Gang runter und vertreten sich nur ein bisschen die Beine. Schließlich ist der Körper mit Verdauen beschäftigt und braucht keine weitere Anstrengung.

9. Trinken beim Essen schadet der Verdauung
Auch das wurde uns als Kindern eingebläut: Wer Kirschen oder anderes Steinobst isst und direkt danach Wasser trinkt, bekommt schlimme Blähungen. Wissenschaftlich begründet ist diese Annahme nicht.
Oft wird auch behauptet, dass man zu Mahlzeiten generell nichts trinken soll. Der Grund: Wasser verdünne die Magensäure, die die Nahrung zersetzt, und schade so der Verdauung. Das stimmt so nicht. Damit die Säure so sehr verdünnt wird, dass dieser Effekt eintritt, müsste man mehr Flüssigkeit in sich hineinkippen, als im Magen überhaupt Platz dafür ist.
Nach neuen Erkenntnissen kurbelt Flüssigkeit die Verdauung sogar an. Das gilt allerdings nur für stilles Wasser! Kohlensäurehaltige, alkoholische und zuckerhaltige Getränke haben eine gegenteilige Wirkung.

10. Eine warme Mahlzeit am Tag muss sein
Für die ältere Generation ist es unvorstellbar, nicht mindestens einmal am Tag warm zu essen. Wir brauchen täglich etwas Warmes im Magen, so die Annahme. Für eine gesunde Verdauung spielt es allerdings keine große Rolle, ob wir Gekochtes oder Rohes zu uns nehmen. Der Vorteil von erhitzten Speisen ist, dass etwaige Keime abgetötet wurden. Der Nachteil: Beim Kochen gehen wertvolle Vitamine verloren, die in der Rohkost enthalten sind.