Wer im Urlaub Durchfall hat, sollte nicht ohne ärztlichen Rat zu einem Antibiotikum greifen. Warum? Weil er damit das Risiko erhöht, sich mit resistenten Keimen zu infizieren – und diese in der Heimat womöglich noch weiterzugeben
In jedem Jahr reisen mehr als 300 Millionen Menschen in Länder mit einem niedrigen Hygienestandart. Viele Reisenden stecken sich dort mit resistenten Darm-Bakterien an. Wieder zurück im eigenen Land können sie die Bakterien auf andere Menschen übertragen.
Die Universität Helsinki hat in einer Studie bei Reisenden die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion mit resistenten Darmbakterien untersucht. Für die Studie wurden Stuhlproben von 430 finnischen Personen vor und nach der Reise ins Ausland untersucht. Alle Proben wurden auf das resistente Bakterium ESBL (extended spectrum beta-lactamase) gecheckt. ESBL wird durch Bakterien gebildet, die im menschlichen Darm vorkommen. Diese Bakterien sind gegen viele Antibiotika resistent, können von Mensch zu Mensch übertragen werden und schwere Infektionen auslösen.
Bei ihrer Forschung hielt die Universität Helsinki die geografische Region, in die die Teilnehmer gereist waren, das Aufkommen von Durchfall, Alter und Gebrauch von Antibiotika fest. Alle Faktoren wurden durch die Studie als voneinander unabhängige Risikofaktoren eingestuft, sich mit ESBL zu infizieren.
Das Ergebnis der Untersuchung: Bei 21 Prozent der 430 Reisenden wurde ESBL festgestellt. Haben die Patienten Durchfall und nehmen dazu noch Antibiotika ein, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht.
Die Untergruppen innerhalb der Untersuchung wiesen folgende Ergebnisse auf: Nachgewiesen werden konnte das Bakterium bei 37 Prozent der Menschen, die Durchfall hatten als auch Antibiotika genommen hatten. Ebenso bei 21 Prozent derer, die zwar Durchfall hatten aber kein Antibiotikum genommen hatten. Elf Prozent der Gruppe, die weder Durchfall hatten noch Antibiotika eingenommen hatten, infizierten sich trotzdem mit dem Bakterium.
Das Risiko sich mit ESBL zu infizieren ist laut Forscher in Asien am höchsten. In der Gruppe der Asien-Reisenden steckten sich die Probanden wie folgt an: 80 Prozent in der „Durchfall plus Antibiotika“-Gruppe, 47 Prozent in der „Durchfall aber kein Antibiotikum“-Gruppe und 23 Prozent in der Gruppe, die weder Durchfall hatte noch ein Antibiotikum eingenommen hatte. Zum Vergleich: In Südostasien lagen die Zahlen nach gleicher Reihenfolge bei 69, 37 und 14 Prozent.
Hat man sich mit dem Keim infiziert, kann dieser andere schwerwiegende Krankheiten begünstigen – wie zum Beispiel einen Harnwegsinfekt, eine Lungenentzündung, Wundinfektionen oder Blutvergiftungen.
Fazit: Wer Durchfall hat und Antibiotika nimmt, hat eine bis zu 80 prozentige Wahrscheinlichkeit, sich mit ESBL anzustecken. Wer in ein Risikogebiet (wie zum Beispiel Asien oder Südostasien) fährt, sollte bei leichtem Durchfall also besser keine Antibiotikum einnehmen, sondern zu Mitteln greifen, die den Durchfall auf sanfte Art bekämpfen. Lassen Sie sich hierbei abgestimmt auf Ihr Reiseziel von Ihrem Arzt oder in der Apotheke beraten.
18. Mai 2015