Viele Joghurts aus dem Supermarktregal enthalten zu viel Zucker und sind zu süß. Zu diesem Ergebnis kam eine Untersuchung, die 600 Fruchtjoghurtsorten unter die Lupe nahm.
Karies, Übergewicht, Diabetes – wer zu viel Zucker zu sich nimmt, bekommt gesundheitliche Probleme. So schleppt mehr als die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland zu viele Kilos mit sich herum. Ein Grund für die Entwicklung von Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) ist, dass sich in vielen Lebensmitteln große Zuckermengen verstecken, die der Verbraucher nicht auf den ersten Blick sieht. Ein Beispiel: Fruchtjoghurt. Fast alle Produkte aus dem Kühlregal enthielten mehr Zucker als nötig, berichtet die Universität Hohenheim auf der Jahrestagung von Humboldt reloaded – einem Reformprojekt der Universität.
Joghurts – die süßen Dickmacher
Die Studentinnen Paulina Schnur und Anja Schöner untersuchten 600 Joghurtsorten verschiedener Marken auf ihren Zuckergehalt. Sie fanden heraus, dass praktisch alle Fruchtjoghurt-Sorten im Einkaufsregal deutlich höher gezuckert sind als eigentlich notwendig und gut für den Körper ist. Durchschnittlich steckten 14,1 Gramm Zucker in 100 Gramm Fruchtjoghurt. Alle Sorten enthielten fast gleich hohe Menge des süßen Energieträgers.
„Eigentlich sollte man laut der Weltgesundheitsorganisation WHO nur fünf Prozent des täglichen Energiebedarfs aus Zucker beziehen“, warnt Prof. Lutz Graeve vom Fachgebiet Biochemie der Ernährung an der Universität Hohenheim. „Mit einem einzigen Becher Fruchtjoghurt hat man das aber bereits fast erreicht.“ Die meisten Menschen nähmen aber im Lauf des Tages noch Zucker aus weiteren Lebensmitteln zu sich, etwas aus Marmeladen, Softdrinks, Säften und Süßigkeiten.
Joghurts und Co – weniger Zucker ist angesagt
Menschen mögen es süß. „Das ist evolutionsbedingt. Die Süße vermittelt dem Körper, dass man gerade energiereiche Nahrung zu sich nimmt, also viel Kohlenhydrate“, erklärt Graeve. Anders als jedoch beispielsweise beim Müsli – ebenfalls ein kohlenhydratreiches Essen – ist Zucker sofort verfügbar und liefert dem Körper kurzfristig überflüssige Energie. „Mittlerweile beziehen Menschen 10 bis 20 Prozent des täglichen Energiebedarfs aus Industriezucker“, weiß Graeve. „Früher gab es Zucker nur in Form von Honig oder Obst. Mit dem Industriezucker kam eine zusätzliche Quelle dazu.“ Heutzutage sei daher weniger Zucker in den Lebensmitteln angezeigt.
Joghurts mit verschiedenen Süßestufen
Norwegische Konzerne sind da schon weiter und bieten Joghurts mit sechs verschiedenen Süßestufen an – von 0 bis 13 Gramm zugesetztem Zucker. Auch ein Schweizer Konzern reduzierte den Zuckergehalt in einem Produkt gleich um 45 Prozent. Dort können die Verbraucher nun auf Joghurt mit weniger Zucker ausweichen, wenn sie wollen.
Wissenschaftler fordern jetzt ein Umdenken in der Politik und Lebensmittelindustrie. „Man braucht nach unseren Versuchen nicht mehr als insgesamt neun Gramm in einem normalen Fruchtjoghurt, damit er angenehm süß ist“, sagt Graeve. Im Moment setzten alle Firmen ihren Produkten gleich viel Zucker zu. „Es wäre kein Problem, die Menge zu reduzieren“, so der Experte.
Quelle: Marktcheck, Universität Hohenheim, https://www.uni-hohenheim.de, 17.9.2015