Nach dem Alzheimer ist Parkinson die zweit häufigste neurodegenerative Erkrankung. Experten erwarten, dass die Anzahl der Parkinson-Patienten in den nächsten Jahren zunehmen wird. Der Grund: Die Lebenserwartung steigt, die Menschen werden immer älter.
Was ist Parkinson?
Parkinson – auch Morbus Parkinson, Parkinson-Krankheit oder Schüttellähmung genannt – ist eine neurodegenerative Erkrankung. Im Gehirn sterben nach und nach Nervenzellen (Fachbegriff: Neuronen) ab, die den Botenstoff Dopamin produzieren – bis schließlich ein Dopaminmangel im Gehirn herrscht. Dopamin ist ein chemischer Botenstoff, der im Körper viele Aufgaben wahrnimmt. Er ist beispielsweise für die Koordination und Feinabstimmung von Bewegungsabläufen wichtig. Typische Symptome von Parkinson sind daher Bewegungsverlangsamung, Muskelsteifheit und ein Muskelzittern in Ruhe.
Wenn 50 bis 60 Prozent der Dopamin-produzierenden Zellen abgestorben sind, machen sich die ersten Krankheitszeichen von Parkinson bemerkbar. Betroffen ist eine spezielle Gehirnregion im Mittelhirn, die schwarze Substanz oder Substantia nigra. Die Nervenzellen in diesem Areal enthalten Eisen und den Farbstoff Melanin – beides färbt sie dunkel.
Eine Erkrankung des Gehirns: Parkinson
Morbus Parkinson tritt meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf. Allerdings können auch jüngere Patienten an Parkinson erkranken: Etwa zehn Prozent der Betroffenen sind bei der Diagnose unter 40 Jahre alt. Bei den über 60-Jährigen erkrankt etwa 1 von 100 an Morbus Parkinson. Insgesamt schätzen Experten die Zahl der betroffenen Patienten in Deutschland auf 240.000 bis 280.000 – exakte Zahlen liegen aber nicht vor. Männer erkranken leicht häufiger an Parkinson als Frauen.
Der Name geht auf den britischen Arzt und Apotheker James Parkinson zurück, der die typischen Symptome erstmals im Jahr 1817 beschrieb.
Was sind die Ursachen der Parkinson-Krankheit?
Was die Neuronen absterben lässt, liegt nach wie vor im Dunkeln. Diskutiert werden aber erbliche Faktoren, weil Parkinson in manchen Familien gehäuft auftritt. In Frage kommen auch Umweltgifte, die die Substantia nigra schädigen. Durch den Mangel an Dopamin bekommen andere Botenstoffe ein Übergewicht. Mediziner vermuten, dass der Überschuss des Botenstoffs Acetylcholin für das Zittern und die Muskelsteifheit bei Parkinson verantwortlich ist.
Ärzte unterscheiden den „echten“ Parkinson (idiopathisches Parkinson-Syndrom), bei dem sich keine Ursache für die Erkrankungen finden lässt, vom symptomatischen (sekundären) Parkinson-Syndrom – hier lässt sich ein Auslöser festmachen, zum Beispiel Medikamente, Vergiftungen oder andere Gehirnkrankheiten. Beim atypischen Parkinson-Syndrom haben die Patienten parkinsonähnliche Beschwerden, aber die Ursache sind andere Krankheiten des Gehirns, die ebenfalls Nervenzellen absterben lassen.
Was sind die Parkinson-Symptome?
Die Folgen des Dopaminmangels sind Bewegungsstörungen und Bewegungsarmut. Parkinson äußert sich durch vier Hauptsymptome, die in unterschiedlicher Ausprägung auftreten können und sich langsam entwickeln. Nicht jeder Parkinsonpatient zeigt alle vier motorischen Symptome.
1. Bewegungsarmut (Bradykinese) bis hin zur Bewegungsstarre (Akinese):
Es können Gesicht, Arme, Gang und Körperhaltung betroffen sein. Ein Frühsymptom ist, dass ein Arm beim Gehen weniger mitschwingt als der andere. Außerdem verlangsamen sich Bewegungen wie Aufstehen, Gehen und Umdrehen und bereiten immer mehr Probleme. Auch die Mimik, das Schriftbild und die Sprache verändern sich. Das Gesicht verliert an Ausdruckskraft, die Schrift verkleinert sich und die Sprache wird undeutlicher.
2. Muskelstarre (Rigor):
Meist versteifen zuerst die Nacken- und Schultermuskeln. Später kann die Muskelsteifheit auch andere Körperteile betreffen.
3. Muskelzittern in Ruhe (Ruhetremor):
Meist beginnt das Zittern an den Händen, dann können auch die Füße und der Kiefer betroffen sein. Das Zittern ist in Ruhe vorhanden, bei Anspannung verstärkt es sich, bei zielgerichteten Bewegungen verschwindet es, sodass Bewegungen im Alltag weiter möglich sind.
4. Gang- oder Gleichgewichtsstörungen:
Mit der Dauer der Parkinson-Krankheit entwickelt sich eine vornüber gebeugte Haltung. Patienten machen kleine Schritte und schlurfen. Aufgrund der Gleichgewichtsstörungen haben sie ein erhöhtes Risiko zu stolpern und zu stürzen.
Mögliche Begleitsymptome sind:
- Missempfindungen, Sensibilitätsstörungen
- Schmerzen
- Störungen des Geruchsempfindens
- Störungen des Blutdrucks (Schwindel, Benommenheit)
- Störungen der Temperaturregulation (Schweißausbrüche, übermäßiges Schwitzen)
- Störungen der Blasen- und Magen-Darmfunktion
- Schluckstörungen, verstärkter Speichelfluss
- Störungen der sexuellen Funktionen
- Psychische Störungen (z.B. Depression)
- Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen)
Im späteren Verlauf der Krankheit können sich kognitive Störungen einstellen, die das Gedächtnis, Erinnerungs- und Denkvermögen des Patienten beeinflussen und Demenz verursachen.
Zitternde Hände, auch in Ruhe, sind ein typisches Symptom von Parkinson.
Wie erkennt der Arzt Parkinson?
Beim Verdacht auf Parkinson sollte man einen Facharzt für Neurologie konsultieren. Am Anfang der Parkinson-Diagnostik steht das Patientengespräch. Der Arzt erfragt die Krankengeschichte und die Symptome und Beschwerden des Patienten (Anamnese). Parkinson entwickelt sich schleichend, deshalb ist es schwierig, die Krankheit frühzeitig zu entdecken.
Es verdichten sich aber die Hinweise, dass es schon Jahre vor dem Ausbruch der Parkinson-Krankheit Frühsymptome gibt. Dazu zählen Riechstörungen, Verstopfung, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen. Allerdings sind diese Symptome unspezifisch, sie treten auch bei anderen Krankheiten auf. Erst wenn die Hauptsymptome einsetzen, ist Parkinson meist auf den ersten Blick erkennbar.
Es folgt eine körperliche und neurologische Untersuchung. Überprüft wird dabei unter anderem die Funktion des Nervensystems (z.B. Reflexe, Sensibilität, Motorik). Untersucht wird außerdem, ob die Hauptsymptome der Parkinson-Krankheit (Bewegungsverlangsamung, Bewegungsstarre, Muskelstarre, Ruhezittern, Gang- und Gleichgewichtsstörungen) vorliegen.
Ein sogenannter L-Dopa-Test hilft, die Diagnose abzusichern. Der Patient erhält L-Dopa (Levodopa) – eine Vorstufe des Dopamins. Bei Menschen mit Parkinson bessern sich nach der Gabe die Bewegungsstörungen, Probleme beim Gehen und das Zittern schlagartig.
Eine Computertomografie (CT) und Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) lassen einen Blick ins Gehirn zu. Mit diesen Verfahren lassen sich andere Ursachen für die Symptome, etwa einen Schlaganfall oder Hirntumor, ausschließen.
Wie wird Parkinson behandelt?
Die Parkinsontherapie muss individuell auf den Patienten und seine Beschwerden zugeschnitten werden. Am besten suchen Parkinson-Patienten eine spezialisiert Parkinson-Fachklinik auf. Die Therapie basiert auf folgenden Säulen:
Medikamente
Es gibt zahlreiche Medikamente, welche die Haupt- und Begleitsymptome bei Parkinson lindern. Sie können allerdings das Absterben der Nervenzellen und das Fortschreiten der Schüttellähmung nicht aufhalten. Die wichtigste Therapie setzt am Dopaminmangel an. Entweder wird Dopamin medikamentös zugeführt oder der Abbau des ausgeschütteten Dopamins verhindert.
L-Dopa: Eingesetzt wird die Vorstufe des Dopamins, das Levodopa oder L-Dopa. Es wird erst im Körper in Dopamin umgewandelt. L-Dopa ist ein sehr wirksames Medikament, das in allen Stadien der Krankheit eingesetzt wird. Allerdings kann es nach einigen Jahren seine Wirksamkeit einbüßen. L-Dopa wird immer mit einem Dopa-Decarboxylasehemmer kombiniert (z.B. Benserazid, Carbidopa). Das Medikament verhindert, dass L-Dopa schon im Blut zu Dopamin umgewandelt wird und das Gehirn gar nicht erst erreicht.
L-Dopa darf nicht in Kombination mit eiweißreichen Mahlzeiten eingenommen werden, da es selbst ein Eiweiß ist und sonst mit anderen Proteinen bei der Aufnahme im Darm konkurriert und verdrängt wird.
Dopaminagonisten: Diese Medikamente sind dem Dopamin chemisch sehr ähnlich und besitzen eine ähnliche Wirkung. Beispiele sind Apomorphin oder Rotigotin. Dopaminagonisten können auch in Kombination mit L-Dopa eingesetzt werden.
COMT-Hemmer: Das Enzym Catecholamin-O-Aminotransferase (COMT) baut normalerweise das Dopamin ab. Eingesetzt werden Medikamente (COMT-Hemmer), welche das Enzym COMT blockieren und damit den Abbau des Dopamins verhindern. COMT-Hemmer sind in Kombination mit L-Dopa zugelassen.
MAO-B- Hemmer: Die Medikamente blockieren das Enzym Monoaminooxidase B (MAO-B), welches ebenfalls für den Abbau des Dopamins sorgt. MAO-B-Hemmer werden im Frühstadium der Parkinson-Krankheit sowohl alleine als auch in Kombination mit L-Dopa eingesetzt.
Anticholinergika: Sie sind die ältesten Parkinsonmedikamente. Durch den Mangel an Dopamin kommt es zu einem Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn. Im Verhältnis ist die Konzentration von Acetylcholin zu hoch. Anticholinergika hemmen die Wirkung von Acetylcholin im Gehirn und sorgen damit für mehr Balance der Botenstoffe. Sie lindern vor allem das Zittern und den gesteigerten Speichelfluss.
Glutamatagonisten: Auch der Botenstoff Glutamat liegt in einem relativen Überschuss vor. Glutamatantagonisten beseitigen das Ungleichgewicht zwischen Dopamin, Acetylcholin und Glutamat.
Parkinson betrifft häufiger Männer als Frauen.
Tiefe Hirnstimulation
Die tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein fester Bestandteil der Therapie und gilt als eine wirksame Behandlungsmethode der Parkinson-Krankheit im fortgeschrittenen Stadium. Die Beweglichkeit und die Lebensqualität verbessern sich durch die Tiefe Hirnstimulation. Neue Studien lassen aber vermuten, dass auch jüngere Patienten profitieren könnten.
Bei der THS werden operativ kleine Elektroden in bestimmten Gehirnbereichen implantiert. Sie stimulieren oder hemmen dort die Aktivität der Nervenzellen. Über Kabel unter der Haut sind sie mit einem Impulsgeber (Stimulator) verbunden. Dieser wird wiederum unter der Haut des Schlüsselbeins eingepflanzt. Die THS funktioniert ähnlich wie ein Herzschrittmacher, die Methode wird deshalb auch als „Hirnschrittmacher“ bezeichnet.
Die THS ist sehr wirksam. Symptome wie Bewegungsarmut, Muskelsteifheit und das Zittern lassen sich durch die elektrischen Reize sofort beheben. Die Besserung der Symptome liegt bei 50 bis 70 Prozent – diese entspricht etwa der Wirkungsstärke von L-Dopa. Der Hauptvorteil ist, dass es keine Wirkungsschwankungen gibt.
Andere nichtmedikamentöse Therapien
Physiotherapie (früher Krankengymnastik): Sie ist ein wichtiger Therapiebaustein und hilft, die körperliche Aktivität und Beweglichkeit zu erhalten und zu fördern. In späteren Stadien steht dabei im Vordergrund, Stürzen und Knochenbrüchen vorzubeugen.
Logopädie: Schluck- und Sprechstörungen sind Begleitsymptome von Parkinson. Betroffene artikulieren ungenau, modulieren die Lautstärke falsch und sprechen zu schnell oder zu langsam. Logopädische Therapien trainieren die Muskeln für das Stimmvolumen, die Atemtechnik und die Artikulation.
Wie kann man Parkinson vorbeugen?
Warum die dopaminproduzierenden Nervenzellen bei Menschen mit Parkinson absterben, ist noch unklar. Deshalb lässt sich einem Morbus Parkinson auch nicht vorbeugen. Je früher die Erkrankung entdeckt wird, desto besser sind auch die Chancen, die Lebensqualität langfristig zu erhalten.
Wie sind die Heilungschancen bei Parkinson?
Parkinson ist eine chronische Krankheit, die nicht heilbar ist und immer weiter fortschreitet. Doch der Verlauf ist individuell unterschiedlich. Manche Patienten erleiden in kürzester Zeit größere Einschränkungen, während sich andere durch ihre Beschwerden kaum beeinträchtigt fühlen. Jüngere Patienten können oft noch lange ihren Beruf ausüben. Durch Medikamente lässt sich die Erkrankung nicht aufhalten, aber die Symptome und Beschwerden lassen sich über Jahre oder sogar Jahrzehnte gut im Griff halten. So ist oft für lange Zeit ein weitgehend normaler Alltag möglich.
Quellen:
- S2k-Leitlinie „Parkinson-Syndrome – Diagnostik und Therapie“, Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), gültig bis September 2017;
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), www.gesundheitsinformation.de/parkinson.2226.de.html (Abruf: 18.12.2015)
- Deutsche Parkinson Vereinigung e.V. , www.parkinson-vereinigung.de (Abruf: 18.12.2015)