Menschen mit Dorian-Gray-Syndrom kommen mit dem natürlichen Alterungsprozess nicht zurecht. Sie versuchen mit allen Mitteln jung zu bleiben. Wir stellen das Dorian-Gray-Syndrom vor.
Im Supermarkt finden wir ein großes Sortiment an Diät- und Schönheitsprodukten. In den Medien bekommen wir fast ausschließlich wunderschöne, junge Persönlichkeiten zu Gesicht. Es ist schwer dem Jugendwahn zu entkommen, denn ewig jung bleiben – das klingt für viele verlockend. Aber genau dieser Gedanke kann zu einem krankhaften Zwang werden. Ist das der Fall, spricht man vom Dorian-Gray-Syndrom.
Was ist das Dorian-Gray-Syndrom?
Das Dorian-Gray-Syndrom beschreibt eine psychische Störung, bei der Betroffene zwanghaft versuchen ihre Jugend zu bewahren. Menschen mit dem Dorian-Gray-Syndrom möchten weder körperlich, noch seelisch altern. Um diesen Wunsch zu erfüllen, greifen sie zu allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Für sie ist es ein Muss jung und schön auszusehen, um im Leben erfolgreich und glücklich sein zu können. Das Dorian-Gray-Syndrom steht häufig mit anderen Persönlichkeitsstörungen, wie Narzissmus, in Verbindung.
Seinen Namen verdankt das Dorian-Gray-Syndrom dem Roman „Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde. In diesem wird das psychische Dilemma der Hauptfigur Dorian Gray beschrieben, der nicht altern möchte und deshalb einen Pakt mit dem Teufel eingeht. Im Jahr 2000 erwähnte der Psychologe Burkhard Brosig den Begriff „Dorian-Gray-Syndrom“ zum ersten Mal. Die Erkrankung wird im Volksmund auch als Jugendwahn bezeichnet.
Das Dorian-Gray-Syndrom ist keine Seltenheit. Laut Schätzungen sollen etwa drei Prozent der deutschen Bevölkerung betroffen sein. Unter ihnen gibt es deutlich mehr Frauen als Männer. Besonders Teenager leiden immer häufiger unter dieser psychischen Erkrankung.
Welche Ursachen gibt es für das Dorian-Gray-Syndrom?
Es gibt keinen bestimmten Auslöser für das Syndrom, vielmehr sind viele einzelne Aspekte dafür verantwortlich. Entscheidend soll aber eine narzisstisch veranlagte Persönlichkeit sein. Auch Probleme bei der psychosexuellen Entwicklung (der Betroffene möchte sich nicht weiterentwickeln und reifen) können eine Ursache darstellen. Hinzu kommt, dass wir in der heutigen Welt ständig mit unerreichbaren Schönheitsidealen konfrontiert werden. Die Folge von alldem: Körperliche Perfektion und Vollkommenheit wird angestrebt.

Dorian-Gray-Syndrom: Welche Symptome werden gezeigt?
Das Dorian-Gray-Syndrom definiert sich nicht durch ein einziges, klar erkennbares Symptom. Es ist eine Kombination aus Verhaltensauffälligkeiten, die bei einer Erkrankung zum Vorschein kommen.
Menschen, die unter dem Dorian-Gray-Syndrom leiden, nehmen sich selbst als extrem hässlich wahr (Dysmorphophobie), obwohl sie für andere durchaus attraktiv sind. Betroffene fokussieren sich auf bestimmte Körperteile und beschäftigen sich exzessiv stundenlang mit ihrem Aussehen. Dabei definieren sie sich nur über die eigene Wahrnehmung des Spiegelbilds, die Meinung anderer zählt für sie nicht.
Allgemein haben Erkrankte ein Problem damit, das Älter- und Reiferwerden zu akzeptieren. Oft fällt es ihnen deswegen schwer, sich auf feste Beziehungen einzulassen oder Verantwortung zu übernehmen.
Menschen mit dem Dorian-Gray-Syndrom konsumieren häufig in großen Mengen und ohne Bedenken sogenannte Lifestyle-Medikamente. Dazu zählen zum Beispiel Haarwachs- und Potenzmittel. In manchen Fällen missbrauchen Betroffene verschreibungspflichtige Medikamente wie Antidepressiva zur Stimmungsaufhellung. Oft unterziehen sich Erkrankte unnötigen Schönheits-Operationen und/oder betreiben extrem viel Sport.
Die Betroffenen sind mit ihrem Leben unzufrieden und fühlen sich meist minderwertig. Die Folge: Sie isolieren sich von ihrem sozialen Umfeld und kapseln sich ab. Es kann zu leichten und mittleren, bis hin zu schweren Depressionen kommen.
Wie wird das Dorian-Gray-Syndrom diagnostiziert?
Das Syndrom wurde bisher noch nicht in den medizinischen Diagnoseschlüssel aufgenommen, da es sich um ein noch sehr neues Phänomen handelt. Dennoch können Betroffene diagnostiziert werden.
Bei einer Kombination aus den oben genannten Symptomen, unnötigen Schönheitsoperationen und dem exzessiven Gebrauch von mindestens zwei Lifestyle-Medikamenten, wird davon ausgegangen, dass eine Person am Dorian-Gray-Syndrom erkrankt ist. Ein Arzt kann diese Aspekte während eines ausführlichen Anamnesegespräches in Erfahrung bringen.
Wie bei vielen psychischen Erkrankungen gilt beim Dorian-Gray-Syndrom auch: Umso früher es erkannt wird, desto besser. Bleibt es unbehandelt, kann es im Verlauf der Krankheit zu selbstverletzenden Verhalten und Suizidversuchen kommen. Auch durch den übermäßigen Konsum von Lifestyle-Medikamenten können gefährliche Nebenwirkungen auftreten.
Behandlung des Dorian-Gray-Syndroms
Das Dorian-Gray-Syndrom kann mit einer Psychotherapie behandelt werden. Wichtig ist, dass sich der Betroffene seine Problem bewusstmacht und sich diesem stellen möchte.
Die Einnahme von Psychopharmaka ist in seltenen Fällen begleitend zur Therapie möglich. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung kann auch die Behandlung in einer geschlossenen klinischen Einrichtung sinnvoll sein.