Fast jede dritte Person in Deutschland leidet unter einer Allergie – Tendenz steigend. Je nach Schwere der Allergie und Art des Allergie-auslösenden Stoffes kann die Fehlreaktion des Immunsystems die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken.
Was ist eine Allergie?
Eine Allergie ist eine übertriebene Abwehrreaktion des Immunsystems auf bestimmte Stoffe, die dem Körper in dem Moment fremd vorkommen. Menschen mit einer Allergie reagieren überempfindlich auf Substanzen, die normalerweise harmlos sind. Das Immunsystem reagiert überschießend und bekämpft zum Beispiel
- Blütenpollen (Heuschnupfen)
- Hausstaub (Hausstaubmilbenallergie)
- Insektengift (Insektengiftallergie)
- Latex (Latexallergie)
- Metalle wie Nickel (Nickelallergie)
- Nahrungsmittel wie Äpfel, Krustentiere, Nüsse oder Senf (Nahrungsmittelallergie)
- Sonne (Sonnenallergie)
- oder Tierhaare (Tierhaarallergie).
Auch Schimmelpilze, Umweltgifte oder Kosmetika können eine Allergie auslösen. Mediziner kennen heute mehr als 20.000 verschiedene Auslöser von Allergien, berichtet der Deutsche Allergie- und Asthmabund e. V. (DAAB). Deshalb ist es für Ärzt:innen auch so schwierig herauszufinden, worauf ein Mensch allergisch reagiert und wie er am besten einen Bogen um „sein Allergen“ macht.
Was ist der Unterschied zwischen einer Unverträglichkeit und einer Allergie?
Bei einer Allergie ist das Immunsystem beteiligt, das Antikörper bildet. Der Körper reagiert bereits auf kleinste Mengen und das meist innerhalb von wenigen Minuten. Bei Unverträglichkeiten liegt meist ein Enzymdefekt vor. Die Reaktionen einer Unverträglichkeit treten meist verzögert auf und die vom Körper tolerierten Mengen des unverträglichen Stoffes variieren. Die Konsequenzen beispielsweise einer Lebensmittelunverträglichkeit sind unangenehm, aber im Gegensatz zu einer echten Allergie nicht potenziell tödlich.
Allergolog:innen unterscheiden mehrere Formen von Allergien, die nichts mit dem Allergieauslöser zu tun haben. Die zwei Hauptformen sind: die Allergie vom Soforttyp (allergische Reaktion setzt sofort ein) und die Allergie vom Spättyp – hier findet die allergische Reaktion erst 24 bis 72 Stunden nach dem Kontakt mit dem Allergen statt.
Insgesamt steigt die Anzahl der Allergiker:innen. Etwa 30 % aller Bundesbürger:innen litten mindestens einmal im Leben an einer allergischen Erkrankung, so der DAAB. Und rund 20 % der deutschen Bevölkerung entwickelten im Lauf ihres Lebens eine Pollenallergie (Heuschnupfen). Allergien können aber auch schon Kinder betreffen, manche Babys kommen sogar schon mit einem erhöhten Allergierisiko zur Welt.
Was sind die Ursachen einer Allergie?
Die Ursache der Allergie ist ein fehlgeleitetes Immunsystem, das sich auf Substanzen stürzt, die eigentlich ungefährlich sind. Kommt das Immunsystem mit der allergieauslösenden Substanz (Allergen) erstmals in Kontakt und betrachtet die Immunabwehr die Substanz als „gefährlich“, dann startet sie eine Immunreaktion. Diese Abwehrreaktion findet ab diesem Zeitpunkt immer statt, wenn die Allergikerin oder der Allergiker auf „sein“ Allergen trifft.
Kreuzallergie: Wie entstehen die Kreuzreaktionen?
Manche Menschen entwickeln sogar zusätzlich eine Kreuzallergie. Das passiert, weil sich die allergieauslösenden Substanzen mancher Stoffe in ihrer Struktur so ähneln, dass es über die eigentliche Allergie hinaus noch zu weiteren Reaktionen kommt.
Am häufigsten ist dies bei Pollenallergiker:innen mit Heuschnupfen der Fall. Sie reagieren dann zusätzlich auf bestimmte Lebensmittel allergisch. Das Immunsystem von Heuschnupfen-Allergiker:innen kann dann gewisse Allergene mancher Pollen und Lebensmittel nicht mehr unterscheiden, sodass es zu Kreuzreaktionen kommt. Die häufigste Kreuzallergie ist beispielsweise Birkenpollen und Äpfel. Wer zum Beispiel auf Birke, Erle und Hasel allergisch ist, verträgt hauptsächlich Nüsse und einige rohe Obstsorten wie Apfel, Birne, Pfirsich, Pflaume, Kirsche sowie Mandeln nicht.
Was sind die Allergie-Symptome?
Eine allergische Sofortreaktion wird häufig durch Pollen, Lebensmittel, Hausstaub, Haustiere, Insektengift oder Schimmel ausgelöst. Beim Kontakt mit dem Allergen kommt es meist zu folgenden Allergie-Symptomen:
- Absinken des Blutdrucks
- Hautausschlag (Quaddeln, Ekzeme)
- (Fließ)Schnupfen und Niesreiz
- gerötete und juckende Haut,
- geschwollene Schleimhäute
- tränende und juckende Augen
- verengte Atemwege mit Atemnot
- Wassereinlagerung in allen Geweben (Ödeme)
Vorsicht! Im schlimmsten Fall kann es zu einem lebensgefährlichen allergischen (anaphylaktischen) Schock kommen. Dann ist umgehendes Handeln gefragt, denn es kann zum Atem- und Kreislaufstillstand kommen!
Bei der Spättyp-Allergie setzen die allergische Reaktion und die Symptome erst einige Stunden nach dem Allergenkontakt ein. Allergien gegen Latex, Chemikalien (Farbstoffe, Putzmittel) oder Metalle gehören zu diesem Allergie-Typ.
Wie erkennt die Ärztin oder der Arzt eine Allergie?
Um dem Auslöser einer Allergie auf die Spur zu kommen, brauchen Ärzt:innen oft detektivisches Geschick. Am Anfang steht ein Gespräch mit der Patient:in (Anamnese), bei dem zum Beispiel nach den Beschwerden gefragt wird oder danach, in welchen Situationen sie auftreten.
Es gibt mehrere Verfahren, um eine Allergie zu diagnostizieren:
- Pricktest: Eine Lösung mit dem vermuteten Allergieauslöser wird auf die Innenseiten der Unterarme aufgebracht und die Haut leicht mit einer Lanzette eingestochen. Ist die betroffene Person allergisch auf die Substanz, entstehen innerhalb von etwa 15 Minuten Quaddeln auf der Haut.
- Bluttest: Er ist eine Ergänzung zum Pricktest und kann bestimmte Eiweiße im Blut (IgE-Antiköper) nachweisen, die sich speziell gegen bestimmte Allergene richten.
- Epikutantest: Dieser Test hilft beim Verdacht auf eine Kontaktallergie (Spättyp-Allergie). Für etwa zwei Tage wird eine Lösung mit dem Allergen auf den Rücken aufgebracht. Bei einer Allergie auf die Substanz reagiert das Immunsystem – es bildet sich ein Hautausschlag oder Bläschen.
- Provokationstest: Das Allergen wird direkt auf die Schleimhaut der Nase oder die Augenbindehaut aufgebracht. Besteht der Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie, isst die Patient:in das entsprechende Lebensmittel. Beim Provokationstest kann eine schwere allergische Reaktion stattfinden, die sofort therapiert werden muss. Deshalb findet der Test meist in einer Klinik statt und wird von einer Ärzt:in überwacht. Der Provokationstest wird nur angewendet, wenn andere Testverfahren keine klare Allergie-Diagnose erbracht haben.
Wie wird eine Allergie behandelt?
Die Allergie-Therapie fußt auf drei Säulen: das Allergen meiden, Medikamente und Hyposensibilisierung.
- Allergen-Karenz: Wer allergisch auf Tierhaare, Nüsse oder Hausstaub reagiert, sollte versuchen, sein Allergen zu meiden. Mediziner:innen sprechen auch von Allergen-Karenz. Patient:innen mit Heuschnupfen könnten zum Beispiel in der Hauptblütezeit der Pflanzen, auf die sie allergisch reagieren, in pollenarme Regionen reisen, etwa in die Berge oder ans Meer. Auch hilft ein Urlaub an Orten, an denen die Pflanze nicht blüht. Sonst helfen unter anderem auch geschlossene Fenster am Tag, Pollenfilter fürs Auto oder häufiges Haare- und Wäschewaschen.
- Medikamente: Gegen Allergie-Symptome helfen unter anderem Antihistaminika wie Cetirizin oder Cortison-Präparate.
- Hyposensibilisierung: Allergiker:innen können auch eine Desensibilisierung oder spezifische Immuntherapie (SIT) durchführen. Das Ziel ist es, das Immunsystem an den Allergieauslöser zu gewöhnen und die überschießende Reaktion zu dämpfen. In bestimmten zeitlichen Abständen wird das verdünnte Allergen unter die Haut injiziert. Dann wird die Dosierung des Allergieauslösers langsam gesteigert. Die Hyposensibilisierung ist aber auch in Form von Tabletten oder Tropfen möglich.
Wie gut sind die Heilungschancen bei einer Allergie?
Die Hyposensibilisierung ist die einzige Therapie, welche die Ursache der Allergie an der Wurzel packt. Alle anderen Behandlungen bekämpfen lediglich die Allergie-Symptome. Die Desensibilisierung eignet sich für Allergien vom Soforttyp, also etwa gegen Insektengift, Pollen oder Hausstaubmilben.
Vor allem am Anfang der Hyposensibilisierung, wenn die Dosierungen ansteigen, können allergische Reaktionen auftreten. So kann es bei der Injektionsbehandlung zu Juckreiz und Schwellung an der Einstichstelle kommen. Für eine Hyposensibilisierung brauchen Allergiker:innen einen langen Atem und Durchhaltevermögen. Die klassische SIT dauert rund drei Jahre. Betroffene haben allerdings eine gute Chance, ihre Allergie tatsächlich loszuwerden.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Allergien
Was ist eine Allergie?
Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem übertrieben auf eine normalerweise harmlose Substanz.
Sind Allergien angeboren?
Nein, man wird nicht mit einer Allergie geboren. Eine erbliche Veranlagung dazu kann aber bestehen. Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen gibt es circa 150 Genvarianten, die eine Allergie begünstigen können. In Kombination mit weiteren Faktoren wie beispielsweise der Umwelt können bei genetisch vorbelasteten Personen allergische Reaktionen auftreten. Zudem gibt es erhöhte Allergierisiken für Kinder, deren Eltern mit Allergien vorbelastet sind. Wenn ein Elternteil bereits unter einer Allergie leidet, steigt das Risiko für Kinder, ebenfalls eine Allergie zu entwickeln auf 33 %. Sind beide Eltern betroffen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf 70 %.
Was ist die Ursache einer Allergie?
Die Frage nach dem Warum kann nicht pauschal beantwortet werden. Verschiedene Faktoren tragen zur Auslösung einer Allergie bei. Dazu gehören Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung, Tabakrauch, chemische Stoffe oder bestimmte Lebensmittel sowie Vererbung.
Was für Allergien gibt es?
Zu den häufigsten Allergien gehören Abwehrreaktionen des Immunsystems auf eigentlich harmlose Stoffe wie Hausstaub, Pollen, Tierhaare oder Nahrungsmittel. Weitere Allergien, die häufig vorkommen, sind beispielsweise eine Sonnenallergie, Schimmelpilzallergie oder Insektenstichallergie.
Was ist eine Kreuzallergie?
Bei einer Kreuzallergie reagieren Allergiker:innen nicht nur auf das eigentliche Allergen, sondern auch auf nahe Verwandte. Beide Stoffe sind chemisch oder biologisch recht ähnlich, sodass das Immunsystem nicht unterscheiden kann. Eine Pollenallergiker:in reagiert beispielsweise auch häufig allergisch auf den Verzehr von Nüssen.
Wie kann ich einer Allergie vorbeugen?
Neben der Ernährung gibt es Möglichkeiten, einer Allergie vorzubeugen. Dazu zählt beispielsweise der Verzicht auf Rauchen und die Vermeidung des passiven Rauchens bei Kindern. Tabakrauch gehört zu den stärksten Allergie-Auslösern vor allem für Asthma. Regelmäßiges Lüften der Räume verhindert die Ausbreitung von Schimmelpilzen, die Allergien auslösen können.
Sind Allergien heilbar?
Grundsätzlich können nur die Symptome einer Allergie beispielsweise mithilfe von Medikamenten wie Antihistaminika oder Cortison behandelt werden. Im Rahmen einer Hyposensibilisierung kann jedoch die Ursache der Allergie angegangen werden, sodass der Körper wieder lernt, nicht mehr auf bestimmte Stoffe allergisch zu reagieren.
Allergien: Welcher Arzt oder Ärztin ist die richtige Wahl?
Passenden ärztlichen Rat finden Sie bei medizinischem Fachpersonal, das den Zusatz „Allergologie“ trägt. Das sind in der Regel Haut-, HNO-, Lungen- oder Kinderärzte.
Wer macht Allergietests?
Die Allergietests werden vom medizinischen Fachpersonal mit dem Zusatz Allergologie angeboten. Am häufigsten kommt dabei der sogenannte Pricktest zum Einsatz, um allergische Sofortreaktionen herauszufinden.