Das Hemd ausziehen, ein Buch aus dem Regal nehmen oder die Haare kämmen … Schulterschmerzen lassen solche Bewegungen zu Quälerei werden. Was steckt dahinter, wenn alltägliche Handgriffe auf einmal zum Problem werden? Die häufigsten Schulterschmerzen-Ursachen im Überblick.
Unsere Schulter ist ein echtes Multitalent. Sie ermöglicht uns Armbewegungen in unterschiedlichste Richtungen. Ihr spezieller Aufbau macht’s möglich, sorgt aber mitunter auch für Probleme.
Anatomie der Schulter: komplexes Zusammenspiel
Das Schultergelenk ist das beweglichste Gelenk im ganzen Körper. Seine Flexibilität ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von Knochen, Muskeln, Sehnen und Bändern. Die Hauptakteure dabei sind der Kopf des Oberarmknochens und das Schulterblatt. Eine weitere Hauptrolle spielt die Gruppe aus fünf Muskeln, die sogenannte Rotatorenmanschette.
„Der Oberarmkopf ist wie ein Golfball, der auf dem Tee liegt. Die Muskeln sorgen dafür, dass der ‚Ball‘ da liegen bleibt“, erklärt Prof. Dr. med. Richard Stangl* die Bedeutung der Manschettenmuskeln. Zusammen mit den Sehnen führen und stabilisieren sie das Schultergelenk und umschließen es wie ein Dach.
Eine weitere, wichtige Rolle spielen die vielen Schleimbeutel des Schultergelenks. Sie mindern die Reibung zwischen Sehne und Schulterblatt und unterstützen an unterschiedlichen Stellen die Beweglichkeit des Schultergelenks.
Fazit: Viele Akteure (Knochen, Muskeln, Schleimbeutel und Sehnen) spielen in der Schulter auf engem Raum zusammen. Genau das macht dieses Gelenk so anfällig für schmerzhafte Probleme.
Das kann dahinter stecken
Meist sind nicht die Knochen das Problem, sondern die sogenannten Weichteile – also Muskeln, Sehnen, Gelenkkapsel und Schleimbeutel. Konkret können hier folgende Schulterschmerzen-Ursachen auftreten:
Verschleiß (Arthrose)
Das Schultergelenk ist täglich intensiv im Einsatz und daher anfällig für Verschleiß. Überbelastungen (zum Beispiel durch Training mit zu schweren Gewichten) steigern die Abnutzung noch. Der Knorpel wird angegriffen, Arthrose bildet sich. Im Alter verengt sich der Gelenkspalt, was das Problem zusätzlich verschärft.
> Mehr Informationen zum Thema Arthrose finden Sie hier
Hinzu kommt: „Durch Fehlbelastungen, aber auch ganz alltägliche Bewegungen werden unsere Schultermuskeln häufig nur einseitig gefordert“, sagt Prof. Dr. Stangl. Ein Kräfte-Ungleichgewicht entsteht, das den Verschleiß noch beschleunigt.
Muskel- oder Sehnenrisse
Hohe Belastungen (zum Beispiel schweres Heben) können Risse in den Muskeln und Sehnen der Rotatorenmanschette verursachen. Auch die langjährige Abnutzung der Sehnenplatte kann solch eine Verletzung auslösen. Dieselben Faktoren können die Sehnen auch derart reizen, dass sie sich entzünden.

Schleimbeutelentzündung
„Schleimbeutel sind das Gleitmedium, auf dem sich die Sehne hin und her bewegt“, erklärt Prof. Dr. Stangl. Monotone, lang andauernde Bewegungen (zum Beispiel beim Sport oder bei körperlicher Arbeit) überlasten die Sehnen. Das reizt den Schleimbeutel, der daraufhin anschwillt und schmerzt.
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Impingement-Syndrom
Die Weichteilegewebe wie Sehnen, Bänder, Muskeln oder Schleimbeutel geraten zwischen den knöchernen Strukturen der Schulter schnell in Platznot. An entscheidenden Stellen beträgt der Spielraum nur wenige Millimeter. Das kann dazu führen, dass die Weichteile im Schultergelenk eingeklemmt werden.
> Lesen Sie hier mehr über Impingement-Syndrom
Verspannungen
Ein muskuläres Ungleichgewicht oder Fehlstellungen der Schulterknochen können dazu führen, dass sich die Schultermuskulatur verspannt und verhärtet. Je nachdem welche Muskeln betroffen sind, entstehen bei ganz unterschiedlichen Bewegungen Schmerzen.
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Wie kann man Schulterschmerzen vorbeugen?
Neben Verschleiß ist Bewegungsmangel eine der Hauptursachen für Schulterschmerzen. Die Muskulatur der Rotatorenmanschette braucht regelmäßige Aktivität, um kräftig zu bleiben. Nur so kann sie ihre Aufgabe als Stabilisator des Gelenks wahrnehmen. Damit die Bewegung jedoch die Beschwerden nicht verschlimmert, sollte man folgende die folgenden Tipps von Prof. Dr. Stangl beherzigen:
- Körperlich aktiv bleiben und dabei Bewegungen machen, die die Muskelgruppen ausbalancieren: „Menschen, die gerne schwimmen, sollten immer im Wechsel brust- und rückenschwimmen“.
- „Jede Übung, bei der die Arme etwas zusammendrücken, ist kontraproduktiv. Lieber immer etwas mit den Armen auseinanderziehen“
- Beim Gerätetraining oder Training mit Hanteln gilt: „Lieber mehr Wiederholungen mit moderatem Gewicht durchführen, als mit zu hohem Gewicht wenige Ausführungen schaffen.“
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Unser Experte: Prof. Dr. med. Richard Stangl ist unter anderem Arzt für Chirurgie, spezielle orthopädische Chirurgie, Physikalische Therapie und Sportmedizin am Krankenhaus Rummelsberg. Er ist außerdem Lehrbeauftragter für Unfallchirurgie an der Friedrich Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.