Mit der richtigen Ernährung Krebs heilen – was wie ein Märchen klingt, ist seit 2019 Forschungsgegenstand eines interdisziplinären Wissenschaftsprojekts. Hierbei handelt es sich nicht um einen neuen Ernährungstrend, sondern um die ersten Ergebnisse einer jungen Forschungsarbeit, die die Bestandteile von Lebensmitteln wie Kohl, Karotten und Orangen nun genauer untersucht.
Dass pflanzliche Lebensmittel gesund sind, ist kein Geheimnis. Bisher standen vor allem die Ernährungskategorien Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Mineralien, Vitamine und Wasser im Fokus der Forschung. Nun hinterfragt eine internationale Forschungsgruppe, welchen gesundheitlichen Effekt bestimmte Moleküle in Lebensmitteln haben und welche Verbindung es zur Krebsforschung gibt.
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Verbindung zwischen Nährstoffen und Medikamenten
Dr. Kirill Veselkov vom Imperial College, Department Surgery and Cancer in London, kam auf die Idee, tägliche Speisen genauer zu analysieren, ob weitere Inhaltsstoffe einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben und Ernährung im medizinischen Bereich gezielt eingesetzt werden kann.
Mithilfe von künstlicher Intelligenz, einem Algorithmus und maschineller Sprachverarbeitung kreierten sie über DreamLab ein digitales Netzwerk, das mit zahlreichen Daten gefüttert wurde.
Mitarbeitende aus verschiedenen Forschungsdisziplinen wie Informatik, Biophysik, Chemie, Gastronomie und Medizin schufen ein digitales Netzwerk und trugen über 7900 bioaktive Moleküle ein. Anschließend wurde die Molekularstruktur von knapp 200 zugelassenen Krebsmedikamenten und zahlreicher Lebensmittel mit dieser Datenbasis verglichen, um Gemeinsamkeiten herauszufinden.
Hyperfoods ähneln Krebsmedikamenten
Gemessen an den wichtigen Molekülen, sogenannten „cancer beating molecures“ (CBM), klassifizierte die Forschungsgruppe die einzelnen Lebensmittel und hielt die Ergebnisse auf einer „Lebensmittelkarte“ visuell fest.
Die Analyse ergab, dass es 110 Moleküle gibt, die sowohl in den Medikamenten als auch in speziellen pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen. Diese sogenannten Hyperfoods haben ein hohes Potenzial, um den Körper vor Krebs zu schützen und die Krebstherapie positiv zu beeinflussen.

Hyperfoods sind keine Exoten
Unter den Ernährungstrends tauchen immer wieder Superfoods auf, Lebensmittel, die sehr gesund sind und einen besonderen Effekt auf den Körper haben. Darunter finden sich neben bekannten oder einheimischen Sorten viele exotische Lebensmittel wie die Goji-Beere, Kurkuma, Quinoa, Avocado, Spirulina und Matcha-Tee. In der Liste der Hyperfoods reihen sich ausschließlich bekannte Lebensmittel, die bei vielen täglich auf den Tisch kommen.
Lebensmitteln mit dem höchsten CBM-Anteil:
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Was macht ein Hyperfood aus?
Die pflanzlichen Lebensmittel mit einem sehr hohen oder hohen CBM-Anteil weisen ähnliche Verbindungen auf, die sich auch in krebsspezifischen Arzneimitteln finden lassen. Dazu zählen u.a. Polyphenole , Flavonoide , Terpenoide und Indole – Moleküle, die gewöhnlicherweise für den Geschmack und den Geruch eines Lebensmittels verantwortlich sind.
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Sie haben die Eigenschaft, Entzündungen zu unterdrücken, die Zellvermehrung zu beeinflussen und das Wachstum von Krebszellen verlangsamen.
Beispielsweise enthalten Orangen, Koriander und Dill einen hohen Anteil an dem Flavonoid Dydimin. Grüner und schwarzer Tee ist eine gute Quelle für Catechine, Terpenoide und Tannine – Moleküle, die DNA-Schäden reparieren können und entzündungshemmend wirken.
Lebensmittel mit einem hohen CBM-Anteil:
- Tomaten
- Ackerbohnen / dicke Bohnen
- Oliven
- Granatapfel
- Heidelbeere
- Chicorée
- Lorbeer
- Rosmarin
- Basilikum
- Salbei
- Petersilie
- Estragon
- Liebstöckel
- Anis
- Kümmel
- Fenchel
- Bockshornklee
Maßgeschneiderte Rezepte
Ziel ist es, anhand dieser Erkenntnisse im Rahmen der gastronomischen Medizin angepasste Ernährungspläne für Krebspatient:innen zu erstellen, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen oder präventiv das Krebsrisiko zu senken.
Zusammen mit dem Chefkoch Jozef Youssef von Kitchen Theory, der die Kulinarik gerne mit Wissenschaft in Verbindung bringt, hat Forschungsleiter Veselkov ein Kochbuch kreiert, das kostenlos verfügbar ist. Die Rezepte sind reich an wertvollen Molekülstrukturen, steigern über die tägliche Ernährung das Wohlbefinden und senken gleichzeitig das Risiko, chronische Erkrankungen zu entwickeln.
