Ein Aperitif vor dem Essen, ein Schnäpschen danach – in vielen Kulturen gehört es zur Tradition, der Verdauung mit Alkohol auf die Sprünge zu helfen. Aber hilft Alkohol der Verdauung überhaupt?
Italiener schwören auf Grappa, Griechen auf Ouzo, wir Deutschen setzen auf Obstler, um nach einem üppigen Essen vermeintlich den Magen anzuregen.
Die Forscher Michael Fried und Mark Fox vom Universitätsspital Zürich untersuchten diesen Effekt wissenschaftlich. Sie luden 20 Frauen und Männer zum Käsefondue. Die Probanden aßen 100 Gramm Weißbrot mit geschmolzenem Käse. Dazu trank ein Teil der Probanden 300 Milliliter Weißwein, der andere Teil 300 Milliliter Schwarztee. 90 Minuten später bekamen sie entweder einen Verdauungsschnaps oder die gleiche Menge Wasser.
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Alkohol zum Essen verzögert die Magenentleerung
Die Forscher präparierten den Käse mit speziellen Kohlenstoffatomen (Isotop C-13). Indem sie die Anzahl dieser Atome im Atem der Studienteilnehmer maßen, konnten sie feststellen, wie schnell der Körper Brot und Käse verarbeitete. Je mehr C-13-Atome in der Atemluft messbar waren, desto schneller war das Fondue verdaut. Das Ergebnis: Der Atem der Weißweintrinker transportierte wesentlich weniger C-13-Atome als der der Teetrinker. Die Verdauung der Weintrinker, die später noch den Kirschschnaps bekamen, lief sogar komplett auf Sparflamme. Ihr Magen brauchte anderthalbmal länger als der der Abstinenzler, bis er sich zur Hälfte entleert hatte.
Das Fazit der Forscher: Je mehr Alkohol jemand zum Essen trinkt, desto langsamer verdaut er. Wein, Bier oder Schnaps entspannt zwar die Magenmuskulatur, weswegen im ersten Moment das unangenehme Völlegefühl nachlässt. Doch gleichzeitig verzögert er die Magenentleerung. Denn der Körper ist in erster Linie damit beschäftigt, den Alkohol abzubauen. Die Verdauung der Nahrungsmittel wird nachrangig.
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Alkohol hilft der Verdauung nicht – aber was dann?
Trinken Sie Pfefferminztee
Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Marokkanern: Sie trinken zum und nach dem Essen Pfefferminztee. Tatsächlich verbindet sich das enthaltene Menthol schnell mit dem kochenden Wasser, mit dem Sie ihn aufgießen. Das ätherische Öl transportiert Kalziumionen in die Muskeln der Magen-Darm-Wände. Sie entkrampfen sich dadurch etwas, verlieren aber nicht zu viel Spannung, sind also immer noch in der Lage, den Nahrungsbrei weiterzuschleusen.
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Setzen Sie auf Gewürze
Seit jeher setzt die Volksmedizin auf den gesundheitlichen Nutzen von Gewürzen, unter anderem, um die Verdauung anzuregen. Beispielsweise fördern Anis, Nelken, Ingwer und Kardamom die Produktion von Magensaft. Fenchel, Kümmel oder Koriander beugt Blähungen vor. Basilikum, Thymian, Wacholder, Rosmarin, Oregano oder Majoran bringen Magen und Darm auf Trab.
Essen Sie Bitterstoffe
Bitterstoffe in Artischocken, Chicorée, Rauke oder Löwenzahn regen die Fettverdauung an und wirken positiv auf Galle und Leber. Es kann also hilfreich sein, vor dem Hauptgang einen Salat mit bitteren Zutaten zu verspeisen statt einer sahnigen Suppe.
Gehen Sie spazieren
Eine Volksweisheit, noch dazu widersprüchlich: „Nach dem Essen sollst du ruh’n oder 1.000 Schritte tun.“ Tatsächlich stimmt der zweite Teil. Wer sich nach dem Mahl die Beine vertritt, der massiert indirekt den Darm und hilft so, das Essen schnell weiter zu transportieren. Sich hinzulegen ist dagegen keine gute Idee. Denn in der horizontalen Lage könnte Magensäure nach oben steigen und Sodbrennen auslösen.