Sie ist kaum bekannt, unbehandelt hat die Augenerkrankung aber drastische Folgen: Die feuchte altersbedingte Makuladegeneration (AMD) kann sich ab dem 50. Lebensjahr entwickeln und greift die Fähigkeit des scharfen Sehens an. Makula-Experte Dr. Nikolaus Feucht über neue Therapiemöglichkeiten und warum Konsequenz bei der Behandlung unverzichtbar ist.
Viele altersbedingte Augenkrankheiten lassen sich gut behandeln: Bei Grauem Star wird eine neue Linse implantiert, bei Grünem Star helfen Medikamente – nur gegen feuchte AMD war die Medizin lange machtlos. Patienten und Ärzte mussten sich damit abfinden, dass die nicht heilbare Krankheit die Sehnervenzellen im Zentrum des scharfen Sehens zerstört – bis zur weitgehenden Erblindung. Doch im Kampf gegen die feuchte Makula hat die Medizin in jüngster Zeit große Fortschritte erzielt, weiß Dr. Nikolaus Feucht zu berichten.
AMD mit scheinbar harmlosem Beginn
„Sie leiden an einer unheilbaren Augenerkrankung“: Diese Diagnose hat lange Zeit die Patienten schockiert, wenn der Augenarzt eine feuchte altersbedingte Makuladegeneration (AMD) feststellte. Denn diese tückische Krankheit fängt scheinbar harmlos an: Viele Betroffenen gehen arglos zum Augenarzt, weil sie gerade Linien verzerrt sehen oder Farben verschwommen wirken. Auch nehmen sie graue Flecken genau dort wahr, wo etwas scharf fixiert werden soll.
Der Augenarzt weiß sofort: Diese Symptome weisen auf eine feuchte Makula hin. „Es handelt sich um eine Erkrankung des sogenannten gelben Flecks im Auge, also des Sehzentrums“, erklärt der Münchner Makula-Experte Dr. Feucht. „Das ist der Ort des scharfen Sehens. Eine sehr, sehr kleine Stelle im Auge, aber die wichtigste, denn hier wird fokussiert. Liegen hier Veränderungen vor, die im Zusammenhang mit der AMD stehen, ist die Sehkraft sehr stark beeinträchtigt.“
Die altersbedingte Makuladegeneration verursacht Ablagerungen im Zentrum der Netzhaut, in dem sich besonders viele Sehnervenzellen befinden. Die Ablagerungen stören die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff und Nährstoffen. Die Sehnervenzellen verlieren ihre Funktion, sterben ab. Das Gefährliche: Wenn der Betroffene erste Symptome bemerkt, sind schon irreparable Schäden entstanden – Nervenzellen können sich nicht erneuern.
Neue Therapiemöglichkeiten
Eine voranschreitende feuchte AMD verursacht die Bildung von Blutgefäßen in der Netzhaut, die jedoch brüchig sind und Flüssigkeit absondern. Dr. Feucht: „Als Folge davon schwillt die Netzhaut an, die Versorgung der Sehnervenzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen leidet stark. Darum ist die Krankheitsaktivität – das Voranschreiten und der Schweregrad der feuchten AMD – über die Menge an krankhafter Flüssigkeit definiert. Wir Ärzte sind sehr darauf fokussiert, die Flüssigkeit frühzeitig zu erkennen, um sie zu behandeln.“
Das Problem bei der feuchten Makula: Sie ist noch immer unheilbar. „Die Medizin hat in den vergangenen Jahren allerdings sehr große Fortschritte bei der Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration gemacht“, lautet die gute Botschaft von Dr. Feucht. „Es wurden verschiedene Medikamente zugelassen, die eine Stabilisierung der Sehleistung bewirken. Wir können die Sehleistung erhalten und in wenigen Fällen sogar leicht verbessern.“
Die Behandlungsaussichten hängen voll und ganz von den verabreichten Wirkstoffen ab. „Ohne Behandlung kann eine feuchte AMD innerhalb eines halben Jahres zu einer starken Sehkrafteinbuße führen“, macht Dr. Feucht die Gefährlichkeit der Krankheit deutlich. „Mit unserer Behandlung können wir die Sehleistung der Patienten über Jahre erhalten. Allerdings ist kaum Verbesserung möglich, sondern nur ein Erhalt.“
Konsequente Einhaltung der Therapie erforderlich
Medikamente gegen feuchte AMD zu verabreichen, gehört heute in vielen Augenarztpraxen zum Alltag. Generell muss eine individuell auf den Patienten zugeschnittene Therapie so früh wie möglich einsetzen. Dr. Feucht führt aus: „Eine frühe Behandlung kann die Sehzellen und damit die Sehkraft sowie vor allem auch die betroffene Fläche der Netzhaut erhalten. Es ist selbsterklärend, dass eine konsequente, dauerhaft eingehaltene Therapie auch langfristig die Sehleistung erhält. Das geschieht aktuell mit frühzeitiger kontinuierlicher Wirkstoffeingabe ins Auge.“
Doch es sind genau diese als unangenehm empfundenen Injektionen direkt ins Auge, die die Patienten therapiemüde werden lassen. Und darin liegt ein Risiko: „Die Patienten sollten sich bewusst sein: Der Abbruch der Behandlung kann den weiteren Verlauf der Erkrankung und die Verschlechterung der Sehleistung stark beschleunigen. Betroffene können ihre verbliebene Sehleistung innerhalb kürzester Zeit einbüßen.“
Schmerzfreie Untersuchung zur Diagnose der AMD
Um die feuchte AMD möglichst lange in Schach zu halten, muss die Therapie also unbedingt befolgt werden – unangenehme Spritze hin oder her, das Augenlicht steht auf dem Spiel. Und je eher die Krankheit erkannt wird, desto besser sind die Behandlungsperspektiven. Der Augenarzt kann mit schmerzfreien Untersuchungsmethoden die AMD bereits erkennen, bevor Symptome bemerkbar sind. „Auch die regelmäßige Selbstüberprüfung, zum Beispiel mit dem Amsler-Gitter, hilft, Veränderungen wahrzunehmen“, erklärt Dr. Feucht.
Das Amsler-Gitter, eine Testkarte mit kariertem Linienmuster, liefert Hinweise auf eine mögliche Makuladegeneration. Betroffene sehen die Linien verzerrt oder von grauen Flecken unterbrochen. Da bei vielen Betroffenen nach wenigen Jahren auch im zweiten Auge eine feuchte AMD entsteht, können sie mithilfe des Amsler-Gitters frühe Hinweise auf den Krankheitsbeginn auch im zweiten Auge erhalten.
Die feuchte AMD ist mittlerweile Hauptursache für Erblindung in der westlichen Welt. Doch jeder Betroffene kann mit konsequenter Einhaltung der Therapie aktiv zum langen Erhalt seiner Sehfähigkeit und damit zu seiner persönlichen Unabhängigkeit beitragen.