Ob Kaffeebecher, Zahnbürsten oder T-Shirts: Viele Produkte gibt es mittlerweile aus Bambus zu kaufen. Die Pflanze gilt als praktischer Plastikersatz und umweltschonender Rohstoff, da sie wenig Ressourcen verbrauchen soll und vielseitig einsetzbar ist. Doch wie umweltfreundlich sind Produkte aus Bambus tatsächlich?
Bambus ist eine der am schnellsten wachsenden Pflanzen weltweit. Die Grasart kann bis zu einem Meter pro Tag in die Höhe schießen! Mit diesem Wachstum kann kein Baum mithalten. Ein weiterer Vorteil gegenüber Bäumen ist, dass Bambus nachwächst, ohne dass dafür die gesamte Pflanze gefällt werden muss. Wegen dieser Eigenschaften gilt Bambus als überaus praktisches und nachhaltiges Material.
Wie umweltfreundlich sind Alltagsprodukte aus Bambus?
Einweg Coffee-to-go Becher aus Pappe oder Plastik verursachen große Mengen an Müll. Eine Alternative stellen Mehrwegbecher aus Bambus dar. Sie gelten als pflegeleicht und nachhaltig. Auch Kindergeschirr aus Bambus ist beliebt, da es leicht und robust zugleich ist. Zudem gelten die Teller und Co. als schadstofffrei. Doch der Schein trügt. Viele dieser Artikel können sogar gesundheitsschädlich sein, wenn sie falsch genutzt werden.
Das Problem ist, dass Bambusgeschirr nicht immer zu 100 Prozent aus Bambus besteht. Häufig sind Melamin-Formaldehyd-Harze (kurz: MFH) enthalten. Diese Stoffe können sich herauslösen, wenn die Produkte mit sauren oder heißen Lebensmitteln (z.B. Zitrusfrüchte, Kaffee, Brei, Suppe) in Kontakt kommen. Auch beim Abspülen oder Erwärmen in der Mikrowelle kann es passieren, dass MFH austreten.
Vorsicht bei Melamin-Formaldehyd-Harzen
Melamin-Formaldehyd-Harze bestehen aus den Kunststoffen Melamin und Formaldehyd. Weil sie leicht und zugleich bruchsicher sind, werden sie für die Herstellung von Kinder- und Campinggeschirr genutzt. MFH sind nicht grundsätzlich schädlich. Sie werden erst dann zur Gefahr, wenn die daraus gefertigten Produkte unsachgemäß behandelt werden und Schäden im Material entstehen. Vor allem der Kontakt mit Säure und Temperaturen über 70 Grad ist problematisch.
Bei Tierversuchen wurde beobachtet, dass Formaldehyd die Schleimhäute und Atemwege reizt. Wird es regelmäßig eingeatmet, können Geschwüre im Nasen-Rachen-Raum entstehen. Landet Formaldehyd im Magen, kann es dort Entzündungen auslösen. Melamin wiederum steigert die Bildung von Harnsteinen und Blasenkrebs und kann die Nieren schädigen. Wie sich die beiden Stoffe auf Menschen auswirken, ist noch nicht vollständig erforscht.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (kurz: BfR) weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass eine regelmäßige falsche Benutzung von „Bambusware“ vor allem für Kleinkinder ein gesundheitliches Risiko darstellt. Untersuchungen des BfR haben ergeben, dass viele Produkte den festgelegten Grenzwert für Melamin bei kleinen Kindern um die bis zu 120-fache, den Grenzwert für Formaldehyd um die bis zu 90-fache Höhe überschreiten.
Das BfR und die Verbraucherzentrale Bundesverband empfehlen, am besten ganz auf Bambusgeschirr mit MFH zu verzichten. Auch die Stiftung Warentest rät vom Gebrauch ab. Im Sommer 2019 testete sie zwölf verschiedene Bambusbecher, von denen mehr als die Hälfte bedenkliche Mengen an Melamin und Formaldehyd abgab. Kritisiert wurden außerdem die mangelnde Kennzeichnung der Produkte und falsche Angaben zur biologischen Abbaubarkeit.
So erkennen Sie Produkte aus echtem Bambusholz
Ein erster Anhaltspunkt ist die Bezeichnung des Produkts. Sogenannte „Bambusware“ enthält immer Melamin-Formaldehyd-Harze und Bambusfasern werden lediglich als Füllstoff genutzt. Leider gibt es auch Artikel, die als reines Bambusgeschirr beworben werden und dennoch MFH enthalten. Denn bisher gibt es keine Kennzeichnungspflicht für MFH-haltiges Geschirr.
Es fällt nicht leicht, echtes Bambusgeschirr zu erkennen. Es hat aber meist eine fühlbare Maserung und eine natürliche hell- bis dunkelbraune Farbe. Produkte aus Bambusware sind dagegen oft bunt eingefärbt oder die natürliche Maserung ist nur aufgedruckt. Auch die Form kann ein Anhaltspunkt sein: Aus Bambusstäben lassen sich leichter Schneidebretter als Becher und Schüsseln formen. Letztere zwei Artikel enthalten somit häufiger MFH.
Wie gut sind Zahnbürsten aus Bambus?
Eine zunehmende Anzahl an Menschen möchte weniger Plastikartikel im Haushalt nutzen. Da kommt eine Zahnbürste aus Bambus wie gerufen, die es mittlerweile in vielen Drogerien und Supermärkten zu kaufen gibt.
Die gute Nachricht: Anders als ein Bambusbecher besteht eine Bambuszahnbürste praktisch immer aus purem Bambusholz. Was den Preis und die Putzleistung betrifft, ist sie vergleichbar mit gewöhnlichen Handzahnbürsten. Weil es sich um ein Naturprodukt handelt, sollten Sie die Zahnbürste nach dem Putzen immer gut abtrocknen und etwa alle zwei Monate austauschen. Sonst kann sich Schimmel bilden. Vor dem Entsorgen sollten Sie die Zahnbürste in zwei Teile brechen und den plastikhaltigen Bürstenkopf in den Restmüll werfen. Der Zahnbürstenstiel darf in den Biomüll.
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Nachhaltige Kleidung aus Bambus: eine Mogelpackung
Neben Alltagsprodukten gibt es auch Textilien aus Bambusfaser zu kaufen. Hersteller von Bambuskleidung bewerben diese oft als umweltfreundlich, da Bambus im Vergleich zu Baumwolle wesentlich weniger Wasser verbraucht.
Doch anders als Baumwolle kann Bambus nicht direkt zu Garn verarbeitet werden. Es erfolgt zunächst ein sogenannter Viskoseprozess. Dabei wird Bambus zerkleinert und über mechanische oder chemische Verfahren zu Garn verarbeitet. Bei Bambuskleidung handelt es sich also um keinen reinen Naturstoff, sondern um eine aus Bambuszellstoff gewonnene Kunstfaser. Bambuskleidung lässt sich daher schlechter recyclen als Shirts & Co. aus purer Baumwolle.
Auch wenn Bambuskleidung nicht zu 100 Prozent biologisch abbaubar ist, bringt sie einige Pluspunkte mit sich. Sie ist:
- atmungsaktiv
- feuchtigkeitsregulierend
- schnelltrocknend
- knitterarm
Achten Sie beim Kauf am besten auf das GOTS/Grüner Knopf Siegel. Das garantiert, dass der Viskoseprozess umweltfreundlich abgelaufen ist und das Kleidungsstück keine Schadstoffe enthält.
Möbel aus Bambus: Nachhaltige Alternative zu gewöhnlichem Holz?
Bambusholz ist ein optischer Hingucker. Das helle, freundlich wirkende Holz harmoniert mit vielen Einrichtungsstilen und Farben. Außerdem hat es folgende Eigenschaften:
- formstabil: Bambusholz „arbeitet“ kaum und eignet sich daher perfekt als Bodenbelag
- frei von klebrigen Harzen
- ähnlich hart wie Holz aus Buche und Eiche, aber leichter
Doch was sagt die Umweltbilanz: Ist Bambus besser als unsere heimischen Holzarten? Bambus kann im Gegensatz zu Bäumen schneller (nach-)wachsen und speichert wesentlich mehr CO2. Das Gras ist zudem sehr genügsam und robust, es braucht kaum Dünger und Pestizide. Der Nachteil ist jedoch, dass China Hauptanbauland von Bambus ist. Wegen der langen Transportwege wird die an sich gute CO2-Bilanz von Bambus getrübt. Hinzu kommt, dass es für Bambusholz wenig Zertifizierungen gibt. Es bleibt daher oft im Unklaren, ob bei der Möbelverarbeitung giftige Mittel zum Einsatz kamen und ob die Arbeiter fair entlohnt wurden.
Fazit: Wem Bambusholz gefällt, der sollte beim Kauf auf ein FSC-Siegel achten. Ansonsten können Sie auch guten Gewissens zu ebenfalls zertifizierten europäischen Holzarten greifen.